Totalausstieg aus ungarischem Öl- und Gaskonzern. | Weitere Pläne der Russen noch unklar. | Wien/Budapest. Nach den im August 2008 zurückgezogenen Plänen für eine Übernahme war es nur noch eine Frage der Zeit, bis der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV dem ungarischen Mitbewerber MOL komplett den Rücken kehren würde. Mit dem Verkauf der MOL-Beteiligung an einen großen Spieler aus der Branche hat er das nun getan.
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Käufer des 21,2-prozentigen Anteils ist der sibirische Energieriese Surgutneftegas. Die Russen zahlen stolze 1,4 Milliarden Euro in Cash. Für die OMV ist das leidige Kapitel MOL damit ein für allemal beendet.
Die Börse hat den jetzigen Ausstieg jedenfalls gutgeheißen. Gestern, Montag, legte die OMV-Aktie in der Spitze um knapp fünf Prozent auf 25,49 Euro zu. Wie Konzernboss Wolfgang Ruttenstorfer mitteilen ließ, habe man bei dem von der US-Investmentbank JP Morgan betreuten Verkauf einen guten Preis erzielt. Heißt konkret: Für jede einzelne der insgesamt gehaltenen MOL-Aktien (rund 22,2 Millionen Stück) konnte ein Preis von 19.212 Forint lukriert werden. Zum Vergleich: Bei der Anschaffung hatte die OMV einst durchschnittlich rund 16.000 Forint pro MOL-Aktie bezahlt - bereinigt um Wechselkursschwankungen. Inklusive der Beraterkosten für die letztlich gescheiterte Übernahme dürfte die OMV somit annähernd pari ausgestiegen sein.
Liquidität als Trumpf
Den Erlös aus dem nun losgeschlagenen Familiensilber kann der im kriselnden Osteuropa stark vertretene Konzern gut gebrauchen. "Gerade in Zeiten wie diesen ist Liquidität ein Wettbewerbsvorteil", erklärte OMV-Sprecher Thomas Huemer laut Austria Presse Agentur.
Ob Surgutneftegas, einer der größten Gas- und Ölförderkonzerne Russlands, mit dem Kauf eines guten Fünftels an MOL eine Übernahme vorbereitet, ist noch unklar. MOL-Chef Zsolt Hernádi zeigte sich vom Einstieg der Russen jedenfalls überrascht: "Wir wurden nicht konsultiert." An die Adresse von Surgutneftegas richtete er am Montag die Botschaft, dass MOL wie bisher die festgelegte eigenständige Strategie weiterverfolgen werde. Surgutneftegas selbst betrachte das MOL-Management als "Finanzinvestor".
Zu den Motiven für das Engagement bei den Ungarn äußerte sich Surgutneftegas-Chef Vladimir Bodganov nur vage: "Der Kauf der MOL-Anteile soll eine langfristige und einträgliche Kooperation begründen und die Energiesicherheit in Europa fördern." Faktum ist freilich, dass sich die Russen ihren Einstieg nicht gerade wenig kosten lassen. Zumal der Preis, den sie der OMV pro MOL-Aktie bezahlen, nahezu 90 Prozent über dem aktuellen MOL-Börsekurs von mehr als 10.100 Forint liegt.
Übernahmefantasie?
Im Übrigen rückte der Kurs bei MOL im gestrigen Handelsverlauf um rund zwei Prozent vorwärts. Ob sich mit den Russen Übernahmefantasie einstellt, bleibt vorerst abzuwarten.