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Novomatic fasst durch den Kauf der australischen Ainsworth endgültig am US-Glücksspielmarkt Fuß - auch Brasilien im Visier.
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Las Vegas/Gumpoldskirchen. In Österreich wird vor allem darauf geblickt, wie der Glückspielkonzern Novomatic nun mit der untersagten Übernahme der Casinos Austria AG (Casag) umgeht. Auch die Frage, ob die beiden Kasino-Lizenzen in Bruck/Leitha und im Wiener Prater neu ausgeschrieben werden, nachdem sie aufgehoben worden waren, wird öfters gestellt.
Während es also am Heimmarkt für den in Gumpoldskirchen beheimateten Konzern, der Spielautomaten produziert und auch selbst in Kasinos und Spielhallen betreibt, eher durchwachsen läuft, stehen die Zeichen in Amerika auf Expansion.
Auslöser dafür war der Kauf des australischen Konkurrenten Ainsworth, mit umgerechnet 310 Millionen Euro die bisher größte Akquisition von Novomatic. Denn Ainsworth ist nicht nur in Australien tätig, sondern vor allem in den USA. Vorige Woche wurde in der Glücksspiel-Metropole Las Vegas deren neue US-Zentrale eröffnet, bei der auch Novomatic-Gründer Johann Graf anwesend war.
Zwei Las-Vegas-Hotels sind so groß wie der Österreich-Markt
Harald Neumann, Vorstandschef der Novomatic: "In den USA sind wir noch ein bisserl Fremde." 50 Mitarbeiter werden in der Zentrale in Chicago beschäftigt. Mit dem australischen Zukauf ändert sich das. "Ainsworth wird auch den Vertrieb von Novomatic in den USA übernehmen. Wir bleiben aber auch als Novomatic am Markt tätig." In Las Vegas allein stehen etwa 200.000 Spielautomaten in den Hotel-Kasinos.
"Zwei Kasinos in Las Vegas sind etwa so groß wie der gesamte österreichische Markt", erläutert Neumann. Die Expansion in den USA ist langwierig, da in jedem Bundesstaat um Lizenzierung angesucht werden muss. Und bei einem Eigentümer-Wechsel, wie jetzt von Firmengründer Lens Ainsworth auf Novomatic, beginnen diese Verfahren von vorn. Vertreter der Glückspielbehörde in Nevada, aber auch vom FBI, haben in der Novomatic-Zentrale in Gumpoldskirchen die Finanzierungsströme geprüft. "Die wissen mehr von mir als ich selbst", scherzt Neumann.
Novomatic hat sich mit dem Ainsworth-Kauf endgültig unter den weltweiten Top-3 der Glückspielkonzerne festgesetzt. Ebenfalls heuer wurde in Großbritannien der Glückspielbetreiber Talarius erworben, um etwa 145 Millionen Euro. Alles zusammen erhöht sich die Zahl der Mitarbeiter im Konzern von 23.000 auf über 26.000. 3500 arbeiten in Österreich. Sobald alle Lizenzierungen in den USA vorliegen, kann das große Spiel beginnen.
Anfang 2017 wird Novomatic mit einer Gaming-TV-Show starten, nicht nur in hoteleigenen Kanälen, sondern auch in größeren Stationen. Spieler treten dabei gegeneinander an, der erfolgreichste erhält einen Bar-Preis. In Österreich wäre so etwas verboten. Grund ist natürlich, die Novomatic-Automaten in den USA bekannter zu machen. Aus Nostalgiegründen befinden sich auf den US-Automaten generell noch die Hebel rechts - eine Reminiszenz an die "einarmigen Banditen", wie sie früher genannt wurden. Heute sind die Geräte voller Elektronik, jeder Konzern entwickelt die Software selbst. So basteln Produzenten wie Novomatic an Plattformen, um die Spiele auf allen Kanälen (auch mobil) anbieten zu können. Die Spieler sollen mit einem Kundenkonto alle Spiele eines Anbieters bezahlen können. In den USA ist allerdings das sogenannte "cash gaming" online nicht erlaubt. In Europa gibt es dazu keine einheitliche Regelung.
Digitalisierung ist auch im Glücksspiel das große Thema
Trotzdem wird eifrig geforscht. Novomatic kaufte 2011 das heimische "Glückspiel-Start-up" Greentube. Damals hatte das Unternehmen 70 Mitarbeiter, heute sind es 500 - großteils Software-Entwickler. Auch mit einer Lotterien-Software ist Novomatic am Markt. "Wir können nun ein neues Lotterie-Produkt in drei Wochen ausrollen, sonst dauert so etwas sechs Monate", sagte die dafür zuständige Marketing-Managerin Martina Kruber. Und nach den USA wartet schon der nächste große Markt auf die Glückspielkonzerne. Nach der politisch umstrittenen Absetzung von Dilma Rousseff als Präsidentin überlegt Brasilien, die bisher so gut wie verbotenen Glücksspiele zu erlauben. Alleine aus der Lizenz-Vergabe könnten erhebliche Mittel für den brasilianischen Haushalt lukriert werden, so die Überlegung des wirtschaftsliberalen Präsidenten Michael Temer.
"Brasilien wäre ein überaus attraktiver Markt, wir beobachten genau, was dort passiert", sagte Harald Neumann. Immerhin hat das Land 200 Millionen Einwohner. Novomatic ist bereits in Argentinien und Peru tätig, das gerade erworbene Unternehmen Ainsworth in Mexiko.
All dies wird Novomatic auch finanziell anstrengen. Derzeit wird mehr investiert, als Cash-flow erwirtschaftet wird. "Ich rechne damit, dass sich diese Investitionen in zwei Jahren positiv auswirken", sagte Neumann. Mit einer Eigenkapitalquote von fast 40 Prozent sei man bequem aufgestellt. "Und wir ersparen uns ja einiges an Geld aus der untersagten Casag-Übernahme", fügte er sarkastisch hinzu. Novomatic befindet sich im Eigentum von Firmengründer Johann Graf, der das Unternehmen über zwei Firmenvehikel steuert, eines davon mit Sitz in der Schweiz. Der heute 69-Jährige, der im Unternehmen nur als "der Professor" bezeichnet wird, gründete Novomatic 1980. Heute macht das Unternehmen vier Milliarden Euro Umsatz, mit den jüngsten Firmenkäufen wird sich das um zirka zehn Prozent erhöhen. Davor importierte er Flipperautomaten.
Johann Graf ist heute einerder reichsten Österreicher
Er gilt heute als einer der reichsten Österreicher und wird auf bis zu sechs Milliarden Euro eingeschätzt. Sein Sohn Thomas arbeitet als Technik-Vorstand bei Novomatic. Der Konzern hat jüngst eine 500-Millionen-Euro-Anleihe am Markt platziert, um den Ainsworth-Kauf zu finanzieren. Treppenwitz am Rande: Die Geldschwemme-Politik der Europäischen Zentralbank hat dazu geführt, dass die EZB auch die - mit gutem Rating ausgestatteten - Novomatic-Anleihe kaufte. Glücksspiel ist ja auch dem Finanzwesen nicht fremd.
Das große Thema Spielerschutz beziehungsweise Spielsucht sieht Novomatic naturgemäß pragmatisch. "Die Politik schaut sehr genau auf uns, aber im Onlinebereich ist Spielerschutz überhaupt kein Thema", ärgert sich Neumann. "Die Leute weichen ins Internet aus oder fahren ins benachbarte Ausland." Internet-Blockaden von Wettanbietern wären aber problemlos möglich.
Der Artikel kam nach einer Reise auf Einladung von Novomatic zustande.