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Online-Wetten droht in USA das Aus

Von Karl Leban

Wirtschaft

Politik diskutiert schärferes Gesetz. | Verhaftung des Bet-on-sports-Chefs sorgt für Panik. | Wien. Seit Tagen liegen bei den Anlegern börsennotierter Online-Wettanbieter wie Partygaming, Bet-on-sports oder Sportingbet die Nerven blank: Heftige Kursverluste werfen ihre Schatten auf eine der weltweit am stärksten wachsenden Online-Branchen. Im Vordergrund steht die Furcht vor einem energischen Durchgreifen der USA gegen Internet-Wetten.


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Auch die Aktie der österreichischen Firma Betandwin muss derzeit kräftig Federn lassen. Ihr Kurs hat sich innerhalb von zwei Tagen halbiert, damit hat sich allein diese Woche ein Börsenwert von fast einer Milliarde Euro in Luft aufgelöst.

Grund für das Kursgemetzel im Internet-Glücksspielsektor ist ein drohendes Geschäftsverbot in den USA, dem größten Glücksspielmarkt der Welt. Der gesamten Online-Wettbranche würde damit ein schwerer Rückschlag versetzt. Unter den Anlegern grassiert die Angst vor einer Aushöhlung des Geschäftsmodells. Die Nervosität auf die Spitze getrieben hat in diesem Zusammenhang die Verhaftung des Chefs der in Costa Rica ansässigen Sportwettenfirma Bet-on-sports, David Carruthers, zu Wochenbeginn. Im Visier der Fahnder sind auch der Firmengründer Gary Kaplan sowie elf weitere Personen.

Was die US-Behörden Betonsports genau vorwerfen und auf welche Gesetze die Maßnahmen sich berufen, ist noch unklar. Bet-on-sports soll Spielern in den USA über Telefon illegale Wettverträge auf Profi- und Amateur-Footballspiele angeboten haben. Im Raum stehen Betrugs- und Verschwörungsvorwürfe.

In den Vereinigten Staaten sind Telefonwetten seit 1961 verboten. Keine der weltweit 2300 Glücksspiel-Webseiten agiert daher von den USA aus. US-Gerichte haben sich bisher nicht eindeutig zu der Frage geäußert, ob auch Glücksspielportale unter das relativ alte Gesetz fallen. Auf politischer Ebene wird derzeit versucht, Internet-Glücksspiele durch ein neues Gesetz mit einem eindeutigen Verbot zu belegen. Argumentiert wird, mit dem Internet komme das Glücksspiel bis ins Wohnzimmer. Der Vorstoß bedarf noch der Zustimmung durch den Senat. Ob der Senat das Gesetz durchwinkt, bleibt abzuwarten.

Androsch: Eine Menge Heuchelei im Spiel

Hannes Androsch, Großaktionär bei Betandwin, betonte im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", dass sich am "Grundgeschäft" nichts ändern werde. Die Internet-Glücksspielbranche sei inzwischen zu einer "Riesenindustrie im Unterhaltungsbereich" geworden. "Man kann das mit scheinheiligen, puritanischen Aktivitäten behindern und stören, aber nicht aufhalten", meint der frühere SPÖ-Finanzminister. "Die Leute haben ein Bedürfnis nach Unterhaltung." Die "Prohibition" (Alkoholverbot) in den 20er Jahren habe auch nicht die erwünschten Resultate gebracht.

Betandwin selbst - Androsch hält knapp zehn Prozent der Aktien - bietet in den Staaten keine Sportwetten (auch nicht über Telefon) an, mischt dort aber über die heuer für rund 500 Mio. Euro teuer zugekaufte schwedische Firma Ongame im Poker- und Casino-Geschäft mit. Ongame macht hier etwa 80 Prozent seiner Umsätze. Für das zweite Quartal 2006 hat Betandwin (ab 1. August "Bwin") gestern, Mittwoch, trotz Fußball-WM überraschend einen "signifikanten" Verlust im Betriebsergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) angekündigt. Mit einem weiteren Kurssturz um fast 26 Prozent beschleunigte die Aktie ihre Talfahrt.