Ölförderung: Unsicherheit über Investitionen. | Keine Erhöhung der Förderquote. | Wien. Der Libyer Abdalla Salem El-Badri, Generalsekretär der OPEC, versteht die Welt nicht mehr: "Im Jahr 2005, als Wirbelstürme die gesamte Ölproduktion im Golf von Mexiko lahmlegten, war das für die Ölversorgung wirklich kritisch. Damals haben wir aber nicht so einen starken Preisanstieg gesehen wie heute, obwohl die Ölnachfrage derzeit problemlos vom Angebot abgedeckt werden kann", sagt El-Badri bei einer internationalen Energiekonferenz in Wien.
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El-Badris Schluss: Neben Raffinerie-Engpässen, weltpolitischen Krisen und dem Verfall des Dollars sind es vor allem Finanzspekulanten, die derzeit den Ölpreis in die Höhe treiben. "Öl ist derzeit kein Rohstoff, sondern ein Finanzanlageprodukt." Die dadurch ausgelösten Preisschwankungen seien sowohl für Ölproduzenten als auch für -konsumenten schädlich. Die Regierungen sollten überlegen, ob man nicht ein Regulativ schaffen sollte, um solche Spekulationen einzuschränken, so El-Badri.
Öllager "komfortabel"
Fundamental gebe es keinen Grund für die derzeitigen Rekordpreise bei Rohöl. Der Markt werde gut versorgt, es gebe keine Förderunterbrechungen, und die Mengen, die in den Öllagern der 30 OECD-Länder liegen, seien höher als der Durchschnitt der letzten 5 Jahre. "Es ist genug in den Lagern, um eine Versorgung für 53 Tage zu gewährleisten. Das ist komfortabel", sagt der OPEC-Generalsekretär.
Aus diesem Grund sieht die OPEC trotz der hohen Ölpreise keinen Anlass, mehr Öl zu fördern. "Wenn der Markt ein fundamentales Problem mit der Ölversorgung hat, sind wir bereit, sofort einzugreifen. Dieses Problem gibt es aber derzeit nicht", meint El-Badri.
Ein Faktor, der derzeit Spekulationen begünstigt, sind die im Vergleich mit der Vergangenheit geringen Reservekapazitäten bei der Ölförderung. Ende der 90er Jahre konnten die OPEC-Länder im Krisenfall die Ölförderung um bis zu 10 Mio. Fass pro Tag erhöhen. Mit diesem Polster konnte die OPEC auch den Ausfall der gesamten Ölförderung eines Landes kompensieren. Die hohen Reservekapazitäten führten freilich Ende der 90er Jahre zu einem Preisverfall: ein Fass Öl kostete damals weniger als 10 Dollar, also etwa nur ein Zehntel des heutigen Preises. Wegen des niedrigen Ölpreises schraubten die OPEC-Länder Investitionen in neue Förderkapazitäten daraufhin zurück.
Üblicherweise dauert es mehrere Jahre, bis neue Ölfelder erschlossen werden. Als der Wirtschaftsboom in China und Indien einsetzte, und damit die Energie-Nachfrage explodierte, schrumpften die Reservekapazitäten so schnell, dass man mit dem Erschließen neuer Förderquellen nicht mehr nachkam.
"Wir wollen etwa 50 Mrd. Dollar investieren, damit bis 2012 zusätzlich 5 Mio. Fass pro Tag gefördert werden können", verspricht El-Badri. Allerdings seien diese Investitionen durch Unsicherheit darüber gefährdet, wie viel OPEC-Öl die Verbraucherländer in Zukunft benötigen werden, so der Generalsekretär.
Die OPEC-Länder wollen offenbar den Fehler der 90er Jahre vermeiden, zu viel in neue Förderkapazitäten zu investieren und damit einen neuen Preisverfall auszulösen. Im Schnitt beziehen sie schließlich 75 Prozent ihrer Einnahmen aus Ölexporten.