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In der Klamauk-Komödie "Die nackte Kanone" stellt sich Polizist Frank Drebin vor die gaffende Menge und beschwichtigt: "Gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen." Während hinter ihm ein Feuerwerksladen explodiert. So ähnlich präsentieren sich derzeit Deutschland und Österreich. Allerdings ist es die Währungsunion, die in die Luft zu fliegen droht. Das Führungspersonal beider Länder beharrt dennoch stur auf der traditionellen Stabilitätspolitik und verweigert Lösungen - ohne Alternativen zu bieten.
Aus deutscher Sicht mag es sinnvoll erscheinen, im Gegenzug für eine gemeinsame Schuldenhaftung (Eurobonds) oder Großintervention der EZB (Geld drucken) anderen Ländern möglichst viele "deutsche Tugenden" (Sparsamkeit, Disziplin, Kontrolle) abzuringen. Gut möglich aber, dass es am Ende heißt: Operation gelungen, Euro-Patient leider tot. Mittlerweile rätseln nämlich die Experten, wie viel Zeit der Währungsunion noch bleibt: bis Weihnachten - oder doch bis Jänner 2012? Die britische Bankenaufsicht rät ihren Geldhäusern bereits, sich auf einen unkontrollierten Euro-Kollaps vorzubereiten.
Experten und Medien werden oft Hysterie und Panikmache vorgeworfen. Deshalb der Versuch einer betont sachlichen Antwort auf die Frage: Was passiert hier? Ganz simpel: Es gibt praktisch niemanden mehr, der gewillt wäre, Europas Staaten Geld zu leihen. Und es ist nicht absehbar, wie sich daran etwas ändert - wenn nicht rasch eine Lösung präsentiert wird, die einen Meinungsumschwung bringen kann. Alle Politiker Europas sollten sich fragen: Wo soll das dringend benötigte Geld künftig herkommen?
Italien und Spanien sind in jenem Zinsbereich angekommen, wo aus Liquiditätsproblemen über kurz oder lang eine Solvenzkrise wird. Sprich: Ohne Kehrtwende marschieren beide Länder in die Pleite. Die besorgniserregende Erkenntnis der letzten Tage: Es gibt im Euroraum kein Land mehr, das in die Gegenrichtung marschiert. Auch nicht Deutschland. Die Zinsen steigen für alle. Es geht längst nicht mehr um die Frage, welche Länder solide Budgets haben und welche nicht. Die Märkte glauben nicht mehr, dass Europa einen Weg aus dem Schlamassel findet.
Frankreich und Österreich mögen Triple-A-Länder sein und vielleicht sogar bleiben. Den Investoren ist das egal: Alles, wo Euro draufsteht, gilt als Risiko. Deshalb ist das Insistieren auf Disziplin und auf die Kontrollfunktion der Märkte absurd: Es gibt keinen Markt mehr. Zumindest nicht für europäische Staatsanleihen. Irgendwann wird der letzte Rest an Glaubwürdigkeit verspielt sein. Dann sind auch Eurobonds keine Lösung mehr: weil sie ebenfalls keine Käufer finden würden.