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Operation "heißer September"

Von Katharina Schmidt

Politik

Am 2. Oktober wird die Bundespräsidenten-Stichwahl wiederholt, Unterstützer der Kandidaten rüsten sich.


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Wien. Jetzt ist es also fix: Am 2. Oktober werden die Österreicher wieder zu den Urnen gebeten, um den zukünftigen Bundespräsidenten zu küren - diesmal vielleicht wirklich für die kommenden sechs Jahre. Diesen Terminvorschlag von Innenminister Wolfgang Sobotka hat der Ministerrat am Dienstagvormittag bestätigt, formal muss nun noch der Hauptausschuss des Parlaments dem Termin zustimmen.

Der neue Termin, der nach der Aufhebung der Bundespräsidentenstichwahl durch den Verfassungsgerichtshof vergangene Woche notwendig geworden ist, ist nicht nur eine zweite Chance für den Kandidaten der Freiheitlichen, Norbert Hofer, sondern auch für die bisherigen Nichtwähler. Zwar war die Wahlbeteiligung aufgrund des Herzschlagfinales beim Stichwahltermin am 22. Mai mit 72,75 Prozent höher als zuletzt, im Vergleich zu früheren Präsidentenwahlen aber immer noch recht niedrig.

Wahlbeteiligung hängt vom Wahlkampf ab

Welche Auswirkung die Aufhebung der Wahl auf die Beteiligung haben wird, das möchte der Politikwissenschafter Fritz Plasser noch nicht sagen. Zwischen "jetzt erst recht" und "sicher nicht noch einmal" scheint jede Wählerhaltung möglich zu sein. "Die Wahlbeteiligung wird sehr von den Themen und den Emotionen im Wahlkampf abhängen", sagt Plasser. Er sieht zwei Hauptthemen, die den Wahlkampf im September anheizen werden: Einerseits werde es natürlich um das Brexit-Votum im weitesten Sinn gehen - also um die Haltung der Kandidaten zur Europäischen Union und einem allfälligen "Öxit". Hier haben Hofer und der von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen ja eine völlig diametrale Einstellung: Während Ersterer offen mit dem Gedanken an einen Austritt Österreichs aus der Union spielt, hat Letzterer seine Weigerung, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im Fall des Falles als Bundeskanzler anzugeloben, ja vor allem mit dessen europaskeptischer Haltung begründet.

Der zweite Themenkomplex, der eine starke Polarisierung zwischen den Kandidaten hervorrufen könnte, ist jener rund um Flucht, Migration und Integration. Sollte die Asylkrise heuer im Sommer auch nur annähernd ähnliche Dimensionen wie 2015 erreichen, dann würde das den herbstlichen Wahlkampf extrem befeuern, meint Plasser. Damit in Zusammenhang steht die Frage rund um soziale Themen, Arbeitsmarkt und Wirtschaftspolitik. "Außerdem wird es rein aus medialer Logik natürlich wieder um das Amtsverständnis der Kandidaten gehen - auch wenn sie selbst diese Diskussion vielleicht gar nicht führen wollen", erläutert der Politikwissenschafter.

Welche Diskussionen sie führen wollen - also welche Wahlkampfthemen sie selbst setzen wollen -, darüber geben sich die Wahlkampfteams von Hofer und Van der Bellen derzeit freilich noch bedeckt. "Wir machen alles Schritt für Schritt", sagt etwa Van der Bellens Manager Lothar Lockl zur "Wiener Zeitung".

Hoffen auf "kurzenund intensiven" Wahlkampf

Natürlich sei man in intensiven Vorbereitungen, allerdings hoffe man, dass "es ein kurzer und intensiver Wahlkampf wird, wo Fairness eine große Rolle spielt". Rein taktisch setzt man bei Van der Bellen auf das Altbewährte: Eine möglichst breite Bevölkerungsschicht soll dazu animiert werden, selbst die Initiative zu ergreifen und in der Familie, in der Freizeit und am Arbeitsplatz für ihn zu trommeln. Dieses zivilgesellschaftliche Engagement - zum Beispiel durch Gesangsaktionen in U-Bahn-Stationen - soll in der Wiederholung der Stichwahl eine noch größere Rolle spielen als zuvor. Es gelte, eine österreichweite Bürgerbewegung aufzubauen, meint Lockl. Er ist naturgemäß optimistisch, dass Van der Bellen auch die zweite Stichwahl-Runde für sich entscheiden kann - schon jetzt gebe es zahlreiche Unterstützungs- und Spendenangebote. Auch die Grünen werden wohl wieder Geld und Infrastruktur zur Verfügung stellen.

Bei den Freiheitlichen hält man sich ebenfalls bedeckt: "Wir sind in der Planungsphase, es wird eben ein ganz normaler Wahlkampf", erklärt Sprecher Martin Glier. Wie auch Lockl hofft er auf einen "möglichst kurzen, knackigen und effektiven Wahlkampf". Vor allem die Zahl der TV-Duelle und außergewöhnlichen Formate will er reduzieren. Für "irgendwelche Blödheiten" stehe Hofer nicht zur Verfügung.

Von einem Fairnessabkommen hält die FPÖ nach wie vor nichts: "Wir brauchen das nicht, weil wir ohnehin fair sind", sagt Glier. Angesprochen auf den zuletzt im Internet kursierenden gefälschten Antrag auf Sachwalterschaft für Van der Bellen, weil dieser an Krebs erkrankt und dement sei (die Grünen prüfen rechtliche Schritte gegen den Verfasser), meinte Glier, so etwas könne man nie verhindern: "Das Internet unterschreibt uns kein Fairnessabkommen." Auch Hofer sei immer wieder Ziel von Hasspostings, "aber wir instrumentalisieren das eben nicht so wie die Grünen". Ein bisschen hat der Wahlkampf also schon begonnen, wenn auch die Vertreter der Kandidaten betonen, dass sie erst im September loslegen wollen, um den Wählern über den Sommer eine Atempause zu ermöglichen.

Keine Atempause für die Regierungsspitze

Diese Atempause werden Kanzler Christian Kern und sein Vize Reinhold Mitterlehner nicht bekommen. Denn wenn sie in der Lage sind, ihren rhetorischen Ankündigungen eines "New Deal" auch Taten folgen zu lassen, dann könnte das Auswirkungen auf den Wahlausgang haben. Zudem gilt es, die Wahlgesetze dahingehend zu reformieren, dass das Vertrauen der Wähler in die Demokratie wiederhergestellt wird.

Vorschläge dazu will die Regierungsspitze nach der Wahl in Ruhe debattieren. Kern betonte, es sei "mit Sicherheit" so, dass man das Wahlrecht diskutieren müsse. Das werde einen "intensiven Dialog" im Parlament notwendig machen. Zur Diskussion, wie man die Parteien zur vermehrten Entsendung von Wahlbeisitzern motivieren könnte, gaben sich Kern und Mitterlehner nach dem Ministerrat zurückhaltend.

Gefragt nach dem Vorschlag von Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer (ÖVP) - er hatte angeregt, Parteien, die bei der Entsendung von Beisitzern säumig sind, zu bestrafen -, sagte Kern, er würde "ungern einen Einzelvorschlag herausnehmen und diskutieren".

Wissen

Der insgesamt dritte Versuch, einen Nachfolger für Bundespräsident Heinz Fischer zu finden, wird am 2. Oktober stattfinden. Wie gesetzlich vorgesehen, gilt derselbe Stichtag wie für den ersten Wahlgang. Es sind jene Staatsbürger wahlberechtigt, die am 24. April das 16. Lebensjahr vollendet haben. Alle, die dazwischen 16 Jahre alt geworden sind, dürfen nicht wählen. Auch muss davon ausgegangen werden, dass von den beim ersten Wahlgang 6.382.507 Wahlberechtigten einige zehntausend bis zum 2. Oktober verstorben sein werden.

Kommenden Freitag wird Fischer von der Bundesversammlung feierlich verabschiedet. Weil dann eben kein neuer Präsident angelobt werden kann, übernehmen die drei Nationalratspräsidenten als Kollegium interimistisch das Amt. Der neue Bundespräsident wird erst im Spätherbst, also mindestens drei oder vier Wochen nach der Stichwahl, angelobt - vorausgesetzt natürlich, die Stichwahl wird nicht wieder vor dem VfGH angefochten.