)
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der Film "Operation Spring" von Angelika Schuster und Tristan Sindelgruber trägt den Namen einer Polizeiaktion von 1999 "gegen eine vorwiegend schwarzafrikanische Tätergruppe wegen des Verdachts der kriminellen Organisation und des bandenmäßigen Suchtgifthandels" (Sicherheitsbericht). Behandelt wird nicht eigentlich diese Aktion selbst, sondern vor allem deren gerichtliche Aufarbeitung. Die Polizei bleibt hinter der Autorität der Gerichte in Deckung. Aber auch das Gerichtsverfahren kommt nicht eigentlich ins Bild, schließlich sind Aufnahmen vor Gericht verboten.
Die Operation Spring war der erste Anwendungsfall für das Kernstück im neuen Paket an Polizeibefugnissen, das die Strafprozessreform 1997 geschnürt hatte, für den "Großen Lausch- und Spähangriff". Dieses Paket enthielt zudem die "Rasterfahndung", eine "Kronzeugenregelung" und weitere Möglichkeiten für "Under-Cover-Policing". Die neuen Instrumente versprachen ein technologisches Gleichziehen der Polizei im Wettlauf mit der professionellen organisierten Kriminalität. An der unkritisch positiven "Evaluation" all der neuen Polizeimethoden lanciert der Film nun verspätete Zweifel.
Diese nähren zuerst einmal einige kleine "Filme im Film", Ausschnitte des Erspähten und Erlauschten aus dem originalen polizeilichen Videomaterial, an welche die Filmemacher - dank wem immer - gekommen sind. Zu erkennen ist darauf für jemanden ohne Beherrschung der Igbo-Sprache und ohne persönliche Kenntnis der Sprecher nichts, wie selbst ein ehemaliger Prozessrichter geradeheraus einräumt. Ihren Wert erhält dieses "Belastungsmaterial" erst wieder nur durch Zeugenaussagen von Mittätern oder von Dolmetschen bzw. Sachverständigen. Es spricht nicht für sich, sondern braucht wiederum Interpreten, deren Motive oder Kompetenz fragwürdig bleiben wie eh und je. Der Mühe, sie zu hinterfragen, unterziehen sich ein paar engagierte Anwälte und die Filmemacher, offenbar jedoch nicht die Justiz. Das ist die beunruhigende Erkenntnis des Films.
Der Film lässt sich nicht ein auf die Fragen, welche Kosten die Drogenprohibition wert ist, oder welche Rolle Schwarzafrikaner im Drogenhandel in Österreich wirklich spielen. Er lässt jedoch erahnen, welche Frustrationen der Polizei und in weiterer Folge den Gerichten besonders in einem Kriminalitätsbereich drohen, wo es den Beteiligten an Verständnis für die Verfolgung fehlt. Dass es auch in anderen, schon rechtskräftig beendeten Verfahren nicht mit rechten Dingen zugegangen sei, darf aus einigen filmischen Beobachtungen natürlich nicht geschlossen werden. Darf es das wirklich nicht? Schließlich überschneiden sich die Fälle und sind die handelnden Personen zum Großteil identisch. Deshalb sähe man nach dem Film unwillkürlich auch die abgeschlossenen Verfahren gerne nochmals aufgerollt. Das Prinzip "Im Zweifel für die Anklage" gilt so nicht.
Arno Pilgram ist Univ.-Dozent am Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie in Wien.