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In der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße dominiert seit gestern Nachmittag Niedergeschlagenheit. Zwar hat die SPÖ leichte Zugewinne verzeichnet, jedoch nach insgesamt | 36 Jahren erstmals den ersten Platz räumen müssen. Parteichef Alfred Gusenbauer sieht den Verbleib in der Opposition als "deklarierten Auftrag dieser Wahl".
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Schon gegen 14 Uhr, als die ersten Resultate eingetroffen waren, hat sich der ausbleibende Erfolg abgezeichnet, doch glauben wollte es da noch niemand so richtig. Nach und nach füllte sich die Parteizentrale mit SPÖ-Funktionären und Medienvertretern. Als um punkt 17 Uhr die erste Hochrechnung über den Bildschirm läuft, herrscht Grabesstille - nicht nur Bundesgeschäftsführerin Doris Bures ist die Erschütterung ins Gesicht geschrieben.
Nach Erklärungen wird gesucht. Das Kräfteverhältnis Mitte-Rechts zu Mitte-Links "hat sich leicht verschoben, aber nicht so wie erwartet", zeigte sich SPÖ-Vize Heinz Fischer enttäuscht, der mit dieser Wahl auch seine Funktion als erster Nationalratspräsident verliert. Er befürchtet für die Zukunft einen "noch raueren Wind für sozial Schwächere".
Für den Quereinsteiger Josef Broukal steht eines fest: "Die Erbmasse der FPÖ hat wer anderer kassiert." Ihm sei es aber "lieber, dass jene Menschen, die bis jetzt die Freiheitlichen gewählt haben, jetzt von Bartenstein und Molterer vertreten sind, statt von Stadler oder Windholz".
Für Applaus sorgt erst die zweite Hochrechnung, als der Balken der FPÖ bei 9,9 Prozent zum Stehen kommt. Dem Ergebnis der ÖVP folgen Buh-Rufe.
Einig sind sich die Funktionäre über den Verbleib in der Opposition - Fischer meint, er sehe "keine Möglichkeit, dass aus der Oppositionsrolle eine Regierungsbeteiligung wird" und erntete mit dieser Ansage Applaus. Personaldebatte werde es keine geben, zeigte sich der sichtlich betroffene europapolitische Sprecher Caspar Einem überzeugt.
Erst gegen 18.45 Uhr trifft der Parteichef in der Zentrale ein, zieht sich kommentarlos in sein Büro zurück und verlässt es erst wieder kurz vor 19.30 Uhr, um sich auf den Weg zur Verkündung der vorläufigen Endergebnisses zu machen. Wie es jetzt weitergeht? "Ins Innenministerium." Und danach? "Wieder zurück." Gusenbauer sieht die Rolle der Opposition als "deklarierten Auftrag dieser Wahl". Genauere Analysen werden ab heute Vormittag im Bundesparteipräsidium erfolgen.