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Opposition in Bangladesch erfolgreich Nach Unruhen Wahlen verschoben

Von Georg Friesenbichler

Politik

Präsident trat zurück. | Land weiter im Ausnahmezustand. | Dhakar/Wien. "Wir fordern freie und faire Wahlen", stand auf den gelb-rot-grünen Transparenten der Awami-Liga zu lesen. Ein Teil der Forderungen dieser größten Oppositionspartei von Bangladesch wurde nun erfüllt: Die für 22. Jänner angesetzte Parlamentswahl wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.


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Vorausgegangen waren wochenlange Unruhen in dem am dichtesten besiedelten Land der Welt, die 45 Todesopfer und hunderte Verletzte forderten. EU und UNO zogen Wahlbeobachter ab. Zuletzt hatte Präsident Iajuddin Ahmed den Ausnahmezustand ausgerufen. Kurz darauf trat er zurück.

Iajuddin war laut Verfassung ein eher machtloses Staatsoberhaupt. In Kritik geriet er aber in seiner Funktion als Chef der Übergangsregierung, die eigentlich einen reibungslosen Übergang von einer Regierung zur nächsten gewährleisten soll. Bei diesem weltweit einzigartigen System tritt das herrschende Kabinett seine Macht drei Monate vor der Wahl an eine Interimsregierung ab, die den Ablauf des Urnenganges überwachen soll. Die Opposition sah allerdings in dem Präsidenten lediglich einen Handlanger der regierenden BNP ("Bangladesh Nationalist Party"). Einem weiteren Wahlorganisator, dem Vorsitzenden der Wahlkommission, wurde vorgeworfen, 14 Millionen Phantomwähler in die Wählerlisten eingetragen zu haben. Er ist vor einiger Zeit zurückgetreten, nun soll der Urnengang erst erfolgen, wenn die Listen korrigiert sein werden.

Alter Parteienkonflikt

Seitdem das Land 1991 zur parlamentarischen Demokratie zurückgekehrt ist, gab es immer Unruhen vor den alle fünf Jahre abgehaltenen Parlamentswahlen. Diesmal war der Konflikt aber noch brisanter - denn durch die Drohung der Awami-Liga (AL), die Wahlen überhaupt zu boykottieren, drohte der künftigen Regierung jede Legitimität abhanden zu kommen.

Die Liga, heute größte Oppositionspartei, hat 1971 mit indischer Hilfestellung die Unabhängigkeit vom weit entfernten Pakistan erkämpft, mit dem Bangladesch nach 1945 nur wegen der in beiden Ländern dominierenden islamischen Religion vereint war. Danach erlebte Bangladesch blutige Unruhen und Militärputsche. Zwei davon kosteten zunächst den Staatsgründer Mujibur Rahman, dann den Putschgeneral und Staatspräsidenten Zia-Ur Rahman das Leben. Die Tochter des ersten, Sheikh Hasina, leitet heute die Awami-Liga; die Witwe des zweiten, Khaleda Zia, ist Chefin der BNP und folgte Hasina 2001 als Ministerpräsidentin.

Bei den damaligen Wahlen erreichte das von der AL geführte Oppositionsbündnis mehr als 40 Prozent der Stimmen. Im 300 Sitze zählenden Parlament ist es trotzdem nur mit 81 Abgeordneten vertreten. Dass die BNP auf eine Zwei-Drittel-Mehrheit zählen kann, verdankt sie einerseits der Tatsache, dass sie erstmals seit der Unabhängigkeit mit konservativen muslimischen Parteien koalierte, aber auch dem reinen Mehrheitswahlrecht. Nach der Wahl wollte die Awami-Liga das Ergebnis zunächst nicht anerkennen und boykottierte längere Zeit die Parlamentsarbeit. Das hat sich zwar geändert, aber bei den jüngsten Demonstrationen wurde auch eine Reform des Wahlrechtes gefordert.

UNO-Generalsekretär Bank Ki Moon forderte die Armee auf, neutral zu bleiben. Manche Beobachter hatten befürchtet, dass das das Heer zu seiner alten, in den Siebziger und Achtziger Jahren ausgeübten Rolle einer Ordnungsmacht zurückkehren könnte. Andere glaubten nicht an ein solches Szenario. Denn die Armee hat einiges zu verlieren, vor allem die lukrativen Auslandseinsätze. Soldaten aus Bangladesch stellen mit die größten Kontingente in den UNO-Friedenstruppen. Auch wenn sie manchmal ins Zwielicht geraten wie jüngst im Südsudan, wo sie junge Mädchen sexuell missbraucht haben sollen, sind sie bei der UNO hochwillkommen. Bei Angehörigen eines putschenden Militärs wäre dies wohl anders.