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Opposition mag man - oder eben auch nicht

Von Bettina T. Kölbl-Resl

Gastkommentare
Bettina T. Resl ist Stellvertretende Vorsitzende des Hildegard Burjan Instituts - Verein zur Förderung der politischen Bildung. Sie war von 2005 bis 2011 als Kabinettsmitarbeiterin im Gesundheits- und im Wissenschaftsministerium tätig.

Die viel zitierten 15 Minuten Ruhm scheinen immer wichtiger zu werden, denn mit Sachpolitik von sich reden zu machen.


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Von Koalitionskrisen lesen und hören wir gefühlt täglich, doch auch der Opposition scheint es dieser Tage nicht besser zu gehen.

Die jüngsten Ereignisse bei den Grünen lassen eher an das Verhalten einer trägen Altpartei als an eine innovative Oppositionspartei erinnern. Mit dem Hinter-sich-Lassen der wilden 20er sind nun wohl auch die Grünen in die Jahre gekommen und haben keine Lust mehr auf eine vielfältige Meinungslandschaft innerhalb der eigenen Reihen. Als mittlerweile staatstragende Partei lässt man sich nicht von der Parteijugend und deren Chefin Flora Petrik an der Nase herumführen.

So gesehen, muss man der Bundesparteivorsitzenden Eva Glawischnig wohl recht geben, wenn sie auf den Tisch haut und darauf pocht, der Herr beziehungsweise die Frau im Haus zu sein. Wie auch immer man diese Posse nennen mag, die sich da zugetragen hat - Glawischnig hat gezeigt, dass sie ihre Muskeln nicht nur spielen lässt, sondern dass sie auch einmal zuschlägt, wenn es sein muss.

Welche innerparteiliche Macht der Parteichefin daraus erwächst, wird noch abzuwarten bleiben, bis die ÖH-Wahlen ausgezählt sind. Zwar ist dieser Wahl kaum Bedeutung beizumessen, doch für die postmateriell eingestellte Parteijugend wird sie wohl zur Zerreißprobe. Denn die Frage an der studentischen Wahlurne wird lauten: Pro oder contra Glawischnig?

Auf den Tisch hauen gelingt ja nicht jedem und kann schon auch einmal bitter in die Hose gehen, wenn man die Rechnung ohne den Wirten macht. Der Rauswurf von Christoph Vavrik hätte den Neos eine starke Stimme für die Frauen aus der Steiermark bringen sollen, stattdessen wird Vavriks Mandat zum jüngsten Oppositions-Shopping-Objekt von ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka. Ob der Steirer wohl wusste, was ihm da aus der Südost-Steiermark geblüht hätte? Es sei ihm an dieser Stelle unterstellt, dass es ihm wohl egal war, wer nachrückt; ging es doch nicht darum, diesen beziehungsweise diese zu verhindern, sondern den ÖVP-Klub um ein weiteres Mandat aufzufetten.

Dieser Umstand ist nicht nur für die betroffene Oppositionspartei Neos und ihren Parteichef Matthias Strolz unbefriedigend, sondern demokratiepolitisch höchst bedenklich und trägt nicht gerade dazu bei, dass die Wählerinnen und Wähler in diesem Land mehr Vertrauen in die Politik fassen.

Die viel zitierten 15 Minuten Ruhm scheinen in der Politik immer wichtiger zu werden, denn mit Sachpolitik von sich reden zu machen. Auch versierte Fachpolitikerinnen der Regierungsparteien wie die ÖVP-Abgeordnete Gabriele Tamandl oder die SPÖ-Abgeordnete Andrea Kuntzl dringen nur am Rande an die Öffentlichkeit. Und so ist es wohl nicht verwunderlich, wenn oppositionelle Sachpolitikerinnen und Sachpolitiker wie die Grüne Judith Schwentner oder der liberale Neos-Abgeordnete Gerald Loacker in erster Linie nur politiknahen Berufsangehörigen ein Begriff sind.

Doch ob es nicht vielleicht nachhaltiger wäre, durch Sachthemen auf sich aufmerksam zu machen, darüber sollten Nachwuchspolitikerinnen vom Format Petriks und Vavriks doch zumindest einmal intensiver nachdenken.