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84 Gesetze sind in der abgelaufenen Parlaments-Session beschlossen worden, 34 oder rund 40 Prozent der Beschlüsse waren einstimmig. Damit wies der Nationalratspräsident und stellvertretende SPÖ-Vorsitzende, Heinz Fischer, den Vorwurf der "Fundamentalopposition" in seiner Bilanz erneut zurück. Zumal die Tagung 1999/2000 auf Grund der verzögerten Regierungsbildung verkürzt war und in der Vergangenheit lediglich 29 Prozent der Beschlüsse einstimmig gefasst wurden.
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"Ich bleibe bei meinen Positionen," während manche Mandatare (der FPÖ) in der Vergangenheit "das Durchpeitschen von Gesetzen" kritisiert hätten und die jetzige Regierung bei der Verabschiedung von Gesetzen und Abänderungsanträgen "geradezu rekordverdächtig" arbeite. "Speed skills" sei ja auch die Devise der Regierung, ätzte Fischer. Er untermauerte seine Kritik am Beispiel der Pensionsreform: Am 30. Juni sei sie im Sozialausschuss beraten worden, und bereits am 4. Juli sei der Abänderungsantrag zum Sozialversicherungsgesetz beschlossen worden. Dabei riskiere die ÖVP-FPÖ-Regierung Verfassungswidrigkeit, so auch bei der Novelle des Zivildienstgesetzes, anstatt zu versuchen, eine Verfassungsbestimmung zu formulieren. Das erfordere Verhandlungen mit den Oppositionsparteien über eine Zwei-Drittel-Mehrheit, worauf die Koalition aber verzichte.
"Die Opposition dient nicht zur Bühnendekoration der Regierung", so Fischer. Er verteidigte in diesem Zusammenhang das Vorgehen von SPÖ und Grünen beim vergangenen Freitag abgehaltenen "Reformdialog": Die Opposition habe das Recht, "ein Medienereignis der Regierung" zu boykottieren. Einen Gedankenaustausch und dann Beratungen zu führen könne er sich sehr wohl vorstellen.
"SPÖ als Oppositionspartei ernste Alternative"
Zur neuen Rolle der SPÖ in der Opposition meinte der stellvertretende SPÖ-Chef, dass es in allen europäischen Ländern für eine Partei, die vorher in der Regierung war, eines Umstellungsprozesses bedürfe. "Ich finde es fantastisch, dass wir es geschafft haben, einen neuen Vorsitzenden und eine neue Führungsmannschaft ohne Spaltungsgefahr und ohne Flügelkämpfe zu installieren." Die Regierung tue sich am Anfang leicht, "wie tibetanische Gebetsmühlen" immer wieder zu sagen, schuld daran, dass eine unliebsame Maßnahme komme, sei die frühere Regierung. Aber dann müsse auch die ÖVP ehrlich sein und eingestehen, dass sie bisher ebenfalls Regierungsverantwortung gehabt habe.
Für seine Partei ist Fischer optimistisch. Er glaubt, dass die SPÖ in der Opposition "als Alternative ernst genommen werden wird".
Zur Kritik an der Abwesenheit von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer bei wichtigen Gesetzesbeschlüssen wie dem Versöhnungsfondsgesetz oder bei der Abstimmung von SPÖ-Anträgen meinte Fischer: Als Parlamentarier wünsche er sich "eine gute Präsenz" der Abgeordneten. Ein Parteivorsitzender habe aber einen vollen Terminkalender, selbst wenn Nationalrats-Sitzungen nur an einzelnen Tagen stattfinden. Gusenbauer werde niemand "anti-parlamentarische Gesinnung unterstellen".
Was die Einrichtung von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht (von einem Viertel der Abgeordneten) betrifft, wie zuletzt wieder von den Grünen urgiert, hätten sich die (nunmehr) vier Parlamentsparteien laut Fischer bereits in der vergangenen Legislaturperiode geeinigt. "Die FPÖ ist aber messbar weniger stürmisch geworden."
Der Nationalrat hat seine ordentliche Tagung 1999/2000 am Freitag beendet. Die Sommerpause dauert bis 18. September. Die nächste Plenarsitzung ist für den 20. September angesetzt. Über den Sommer hinweg arbeiten wird allerdings der Verfassungsausschuss, der für permanent erklärt wurde, um eine Lösung der Kampfhunde-Problematik zu finden. Im Hohen Haus findet außerdem am kommenden Mittwoch noch eine Sitzung des Bundesrates statt, um die in der Vorwoche vom Nationalrat beschlossenen Gesetze zu beraten.