Ungarns liberale Ökopartei LMP steht vor der Spaltung.
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Budapest. Gut ein Jahr vor der nächsten Parlamentswahl scheint Ungarns Opposition gegen den rechtsnationalen Regierungschef Viktor Orbán in immer mehr Gruppen zu zerfallen. Die grün-liberale Oppositionspartei LMP steht vor der Spaltung, nachdem ein linker Flügel unter der Federführung von Benedek Jávor angekündigt hat, eine eigene Partei gründen zu wollen. An der Spitze seiner "Plattform des Dialogs für Ungarn" stand Jávor schon seit langem in Konkurrenz zum eher konservativen LMP-Chef András Schiffer. Knackpunkt war die Bündnisstrategie. Jávor hatte für eine Koalition mit der neuen Mitte-Links-Oppositionsbewegung des früheren Ministerpräsidenten Gordon Bajnai plädiert, Schiffer war strikt dagegen. Nun will Jávor mit seinen Anhängern die Kooperation mit Bajnais Bündnis "Együtt 2014" ("Gemeinsam 2014") suchen.
Ob diese Aufsplitterung der Anti-Orbanisten von Dauer sein wird, scheint unklar. Erfolgsversprechend ist sie nicht, schon allein wegen des neuen Wahlrechts, das kleine Parteien benachteiligt. Dies müsste die LMP eigentlich zu Vorwahl-Bündnissen treiben. Die Ökopartei liegt laut letzten Umfragen klar unter der 5-Prozent-Hürde. Daher vermuten politische Analysten in Budapest, dass Jávor im Bündnis mit Bajnais Gruppe vor allem größere Chancen für einen neuen Einzug ins Parlament sieht.
Nur kurze Euphorie
Allerdings hat auch Bajnais Bewegung, die im letzten Herbst mit großem Pomp lanciert wurde, deutlich an Schwung verloren. Von der enthusiastisch wirkenden 14-prozentigen Zustimmungsquote sind nur noch etwa 6 Prozent übrig geblieben. Tragende Säule von Bajnais Bündnis ist die Facebook-Protestbewegung Milla, die zwar Massendemonstrationen gegen Orban organisieren konnte, aber noch keine dauerhafte institutionelle Stabilität bietet. Mit Milla im Bündnis ist Bajnais Stiftung Heimat und Fortschritt sowie der Gewerkschaftsbund Szolidaritás. Seit Kurzem besteht eine Kooperation Bajnais mit den Sozialisten (MSZP) - deren Effizienz auch noch unklar ist. Einerseits kann MSZP auf der organisatorischen Ebene mit erprobten Strukturen in der Provinz beitragen. Andererseits ist das Image der MSZP durch ihre katastrophale Regierungszeit (2002-2010) angeschlagen. MSZP gehört außerdem zu den Lieblingsfeinden von Schiffers LMP, die mit österreichischen und deutschen Grünen kooperiert.
Es gibt aber auch Überlegungen, wonach die LMP vom Austritt ihrer linken Fraktion profitieren könnte. Tamás Lánczi von der konservativen politischen Stiftung Századvég meinte, dass LMP wieder Sympathisanten zurückgewinnen könnte, die der Partei wegen der bisherigen internen Querelen den Rücken gekehrt hatten. Ob der Streit nun zu Ende ist, darf aber heftig bezweifelt werden, weil Jávors "Plattformisten" ihre Sitze innerhalb der LMP-Parlamentsfraktion behalten wollen. Denn anderenfalls würde die Öko-Partei ihren Fraktionsstatus verlieren, weil sie zu wenig Mitglieder hat.