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Oppositionskandidat trifft Tansanias wunden Punkt

Von Klaus Huhold

Politik

Präsident Kikwete bangt bei Wahl um seine Mehrheit. | Gegner Slaa fährt Kampagne gegen Korruption. | Dares Salaam/Wien. Die Regierungspartei CCM hat sich in Tansania schon längst an ihre Macht gewöhnt. Früher war sie die Einheitspartei des ostafrikanischen Staates und seit dem Übergang zur Demokratie 1992 hat sie jede Wahl gewonnen.


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Doch nun kommt sie erstmals in Bedrängnis: Am Sonntag finden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt und der Sieg der CCM ist nicht mehr so sicher wie früher. Vor allem der CCM-Kandidat bei der Präsidentenwahl, Amtsinhaber Jakaya Kikwete, hat sich mit einem unangenehmen Herausforderer herumzuschlagen. Der ehemalige katholische Priester Willibrod Slaa rückt in den Umfragen immer näher an Kikwete heran.

Denn Slaa spricht in seiner Kampagne einen wunden Punkt in Tansania an: die Korruption. Landauf und landab verspricht er bei seinen gut besuchten Kundgebungen, mit Machtmissbrauch und der Unterschlagung von Geld aufzuräumen. Und der 62-Jährige besitzt viel Glaubwürdigkeit: Als Parlamentarier hat er einige Korruptionsskandale aufgedeckt und sich dabei mit mächtigen Männern im Land angelegt. Slaa zielt bei seiner Kritik immer wieder direkt auf die Regierungspartei ab: "Die CCM kann Korruption nicht bekämpfen, da sie diese selbst hervorbringt", wettert der Kandidat der konservativen Chadema-Partei.

CCM hat eine treue Stammwählerschaft

Amtsinhaber Kikwete verweist darauf, in seiner Amtszeit das Vorgehen gegen Korruption verschärft zu haben. Gleichzeitig unterminiert er aber laut Beobachtern seine Glaubwürdigkeit, indem er sich mit Politikern umgibt, die in Skandale verwickelt sind.

Doch noch immer ist Kikwete, der bei der letzten Wahl vor fünf Jahren 80 Prozent der Stimmen erhielt, der Favorit für den Urnengang am Sonntag: Die CCM besitzt für ihre Kampagnen einfach die größten Ressourcen und hat, vor allem unter älteren Tansaniern, eine treue Stammwählerschaft.

Sie zehrt dabei auch davon, die Partei des verstorbenen Staatsgründers Julius Nyerere zu sein, der das Land 1961 in die Unabhängigkeit führte und bis 1985 regierte. Der Linkspolitiker wird noch immer stark verehrt, Bilder von ihm hängen im ganzen Land.

Doch die CCM ist dabei, dieses Erbe mehr und mehr zu verspielen. Während Nyerere noch Bescheidenheit predigte und einen äußerst integren Ruf besaß, sitzen heute sehr wohlhabende Leute in den Führungspositionen der CCM. Kommentatoren weisen gerne auf den Gegensatz zwischen der reichen CCM-Führungsriege und der großteils armen Bevölkerung hin.

Die CCM dürfte aber bei dieser Wahl noch einmal mit einem blauen Auge davonkommen und trotz Stimmverlusten ihre Mehrheiten halten. Doch der Machtanspruch der Regierungspartei verliert immer mehr von seiner Selbstverständlichkeit.