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Oppositionskurs nachschärfen

Von Martina Madner

Analysen
SPÖ-Chef Christian Kern (hier mit dem neuen Wiener Landesparteichef Michael Ludwig) will "ab jetzt nach vorne schauen".
© Daniel Novotny

Sowohl die Wiener als auch die Entscheidung in Niederösterreich setzen die SPÖ im Bund unter Druck.


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Wien. Die SPÖ in Niederösterreich kann mit einem Plus aufwarten. Christian Kern, nun SPÖ-Bundesparteivorsitzender, gratulierte dem Spitzenkandidaten Franz Schnabl dienstbeflissen zu einem "starken Ergebnis", sprach von einem "engagierten und mutigen Wahlkampf gegen eine schwarze Übermacht in Niederösterreich geführt - das hat sich ausgezahlt".

In wahrer Feierlaune dürfte die Bundes-SPÖ aber nicht sein. Thomas Hofer, Politikberater und Geschäftsführer der Agentur H&P Public Affairs, spricht von "einem trügerischen Plus". Schließlich ist es ein Plus gegenüber den 21,57 Prozent, die die SPÖ bei den letzten Wahlen 2013 in Niederösterreich erreichte, also einem historischen Tiefstand. Die erhoffte Trendwende ist deutlich kleiner ausgefallen, als sie als starkes Zeichen für das Wirken des Oppositionskurses des Bundes zu werten.

Spitzenkandidat Franz Schnabl versuchte in diesem Wahlkampf vor allem eines: über einen kleinen Insider-Kreis hinaus bekannt zu werden, durchaus auch in Anlehnung an die Bundespolitik. Schnabl versuchte es mit "Witz" auf Plakaten der Agentur von Thomas Wagner und Matthias Steinperl, die schon Christian Kerns Plan A gestaltet hatten. Ein "frischer Wind", wie der Agenturname verspricht, scheint nun weder durch Niederösterreich zu wehen, noch ist das Lüftchen, das davon in der Bundesparteizentrale ankommt, als Rückenwind zu verstehen.

Auch die SPÖ-Präsidiumsklausur fand bewusst im niederösterreichischen Maria Taferl mit einem gemeinsamen Auftritt des SPÖ-Bundesparteivorsitzenden Christian Kern und Schnabl statt. Man schwor sich gegen Schwarz-Blau auf Opposition ein. Die neue Regierung biete nur "Schall und Rauch". Das Streichen von Arbeitsmarktmaßnahmen wie der Aktion 20.000 oder des Beschäftigungsbonus bezeichnete Kern als "Angriff auf den Sozialstaat und auf Arbeitssuchende". Mit mäßigem Erfolg: "Da muss die Bundespartei jedenfalls noch politisch nachschärfen", sagt Hofer. Die Sozialpolitik sei zwar laut Politikanalytiker Peter Filzmaier das richtige Thema, aber: "Die Bundes-SPÖ muss agieren, und nicht mehr auf die Koalition reagieren. Sie muss Themen vorgeben und nicht nur kontern."

Auch Kerns weitere "positive Erwartung" an die Parteikollegen in Niederösterreich wurde ihm übrigens nicht erfüllt, "die Absolute der ÖVP zu brechen."

Das Verhältnis Wien-Bundbleibt spannend

Dabei hatte Christian Kern schon am Samstag mit Michael Ludwig einem anderen als dem ihm näher stehenden Kandidaten in Wien zu gratulieren. Beim Landesparteitag wurde nicht Andreas Schieder zum Vorsitzenden der Wiener Sozialdemokratie - und damit voraussichtlich zum nächsten Bürgermeister-Kandidaten der SPÖ - gewählt.

Zwar betonte Kern in einer ersten Reaktion: "Mit Michael Ludwig hat die Wiener SPÖ einen Mann an ihre Spitze gewählt, der über profunde und langjährige Erfahrung in der Politik verfügt." Und sagte zudem: "Die SPÖ Wien hatte das Glück, aus zwei hervorragenden Kandidaten wählen zu können, und hat nun eine sehr gute Wahl getroffen." Thomas Hofer sagt allerdings: "Den Erfolg Ludwigs kann man als einen des Faymann-Lagers werten", also als eine Schwächung Kerns.

Kern sagte zwar: "Ab jetzt gilt es, nach vorne zu schauen. Es gibt ab jetzt nur eine SPÖ Wien, die gemeinsam alles dafür tun wird, um den Angriff der schwarz-blauen Regierung auf Wien abzuwehren und das Rote Wien, das allen Menschen Chancen und Perspektiven eröffnet, zu erhalten und für die Zukunft zu transformieren." Eva Zeglovits, Politikwissenschafterin und Ifes-Geschäftsführerin, fehlt im Moment allerdings noch der Glaube an einen einheitlichen Kurs der Sozialdemokratie: "Die Bundes-SPÖ hatte Wien bisher auf ihrer Seite, es könnte auch sein, dass sie nun auf eine Achse Wien-Burgenland trifft." Einfach dürfte ein gemeinsamer Kurs zwar auch laut Filzmaier nicht zu finden sein, aber: "Den brauchen beide dringend, sowohl die SPÖ im Bund, als auch in Wien."