Von Personalnot über knappe Kapazitäten bis Ferienflüge - die Luftfahrt-Branche hebt wieder ab.
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Ferienzeit ist Reisezeit - aber wie sieht es da mit Flugreisen aus? Die Corona-Pandemie hat die Luftfahrtbranche hart getroffen. Verschärfte Einreisebestimmungen, Home Office statt Businessflüge - der Luftverkehr schrumpfte 2020 weltweit massiv. Fluglinien wurden mit staatlicher Unterstützung künstlich am Leben erhalten, bis heute ist von Normalbetrieb keine Rede.
So verzeichnete der Flughafen Wien im heurigen Mai ein Minus beim Passagieraufkommen von 86,1 Prozent gegenüber dem Vorkrisenniveau (Mai 2019). Bei den Flugbewegungen gab es im Mai ein Minus von 76,2 Prozent. Am wenigsten Rückgang verzeichnete man beim Frachtaufkommen mit minus 7,8 Prozent im Vergleich zum Mai 2019.
Laut einer Umfrage der Flugsicherung Eurocontrol rechnet die Branche, dass es noch Jahre dauern wird, bis sich die Airlines und Flughäfen von der Pandemie erholt haben. Nach minus 80 Prozent Anfang 2021 und minus 70 Prozent nach Ostern liegt die Zahl der Flüge in Österreich derzeit immer noch 60 Prozent unter den Werten von 2019. An Europas Flughäfen stehen wegen der Coronakrise immer noch rund 3.400 Passagierjets dauerhaft am Boden, im Coronasommer 2020 waren noch 3.575 Jets inaktiv. Seit Mai wurden rund 800 Flugzeuge wieder in Betrieb genommen.
Take-off für Ferienflieger
Der Sommerreiseverkehr schürt zwar die Hoffnung, dass es bald besser wird, so öffnete der Flughafen Wien den zwischenzeitlich stillgelegten Terminal 1 wieder für den Check-In-Betrieb. Doch Julian Jäger, Vorstand der Flughafen Wien AG, meint via Aussendung: "Für den heurigen Sommer erhoffen wir ein Passagieraufkommen von etwa 50 Prozent des Vorkrisenniveaus." Damit sei die Corona-Krise für die Luftfahrt zwar noch lange nicht vorüber, aber: man nimmt es halt optimistisch.
Ein leiser Hoffnungsschimmer ist jedenfalls schon zu erkennen, so stieg die Zahl der Flüge in die Mittelmeerländer mit Anfang Juni stark an. Großer Gewinner war dabei laut Eurocontrol Griechenland mit einem Plus von 51 Prozent, gefolgt von Italien (42 Prozent) und Spanien (24 Prozent).
Auf Anfrage der "Wiener Zeitung" meint man von Seiten der Austrian Airlines: "Unsere Flüge sind aktuell von Juli bis Mitte September sehr gut gebucht." Besonders gut laufe das touristische Geschäft nach Frankreich, Griechenland und Italien, so die AUA.
Auf den Balkan-Destinationen werden die Plätze teils sogar rar. Hier werde man mit zusätzlichen Flügen und größerem Fluggerät weitere Kapazitäten schaffen, kündigte die Airline an. Auch Richtung Deutschland "sehen wir aktuell eine sehr starke Buchungsentwicklung".
Zwar mag es dem einen oder anderen scheinen, als wären Flüge heuer teurer, die AUA sieht hier jedoch keine grundlegende Tendenz, auch wenn dies von Buchungsständen und Kapazitäten abhänge. Das heißt wohl: Je voller der Flug, desto kostbarerer das Ticket. "Hier gilt die Regel: Je früher man bucht, umso günstiger ist der Preis", so die Fluglinie. Auf besonders beliebten Strecken, etwa nach Dubrovnik, Split oder Zadar, empfiehlt die AUA, unter der Woche zu fliegen, da gebe es noch ausreichend Plätze.
Personalabbau und -mangel
Indessen plagen die Branche noch ganz andere Sorgen, Personal-Knappheit beispielsweise. Einerseits bauen nach wie vor viele Airlines Mitarbeiter ab, zwecks Kostensenkung. Andererseits ist man teilweise schon wieder auf der Suche nach Personal.
Seit Beginn der Pandemie haben laut einer Umfrage der deutschen Gewerkschaft Verdi 16 Prozent der Belegschaft den Luftverkehr verlassen. Besonders alarmierend sei die Lage beim Bodenpersonal, zuständig etwa für Check-In, Passagiertransport, Gepäck- und Frachtbearbeitung, Einweisung und Betanken von Flugzeugen. Hier seien 44 Prozent der Beschäftigten nicht mehr an Bord. Seit Ausbruch der Krise baute beispielsweise die Lufthansa-Gruppe, zu der auch die AUA gehört, weltweit 26.000 Stellen ab. Für die erhoffte Erholung der Branche nach der Corona-Krise könnten, so befürchtet Verdi, die Beschäftigten fehlen.
Dies zeigt sich bereits in den USA, die Europa oft ein Stück weit voraus sind. Dort sucht Delta Air Lines nach 1.000 Piloten bis Sommer 2022, geht aus einem Memo der Fluglinie hervor. Delta erwartet, dass das US-Freizeitreisevolumen im Juni wieder auf das Vor-Corona-Niveau zurückkehrt.
Destination Klimaschutz
Ein Blick in die Zukunft zeigt zudem neue Herausforderungen für die Luftfahrtbranche. Der Umstieg auf klimafreundlichere Treibstoffe wird nicht ohne Investitionen vonstatten gehen. Rund um eine Biosprit-Zumengung im Kerosin wird seit Jahren geforscht.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr betonte allerdings am Branchengipfel in Berlin zuletzt, synthetische Alternativen zum Kerosin seien noch etwa fünf Mal teurer als fossiler Treibstoff. "Das kann sich keine Airline leisten." Doch die EU-Klimaschutzvorgaben sind unerbittlich. Nun ringt die Branche auch um ihre globale Konkurrenzfähigkeit sowie um Fördergelder, damit sie diese Anforderungen erfüllen kann.