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Rom - Hunderttausende Opus-Dei-Anhänger werden am Sonntag auf den Petersplatz in Rom strömen, mindestens 300.000 werden es sein, manche erwarten gar eine halbe Million Menschen. Die Heiligsprechung des Opus-Dei-Gründers Jose Maria Escriva de Balaguer (1902 bis 1975) ist ein Groß-ereignis wie wenige im Vatikan - dabei handelt es sich um eine der umstrittensten Heiligsprechungen des Papstes.
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"Das ist eine enthusiastische Botschaft für uns, auf die wir seit Jahren gewartet haben", jubelte ein Sprecher der stramm konservativen Laien- und Priesterorganisation, die weltweit 85.000 Mitglieder zählt und mittlerweile als eine der einflussreichsten Gruppierungen innerhalb der katholischen Kirche gilt. Pünktlich zum 100. Geburtstages des Spaniers zum Jahresbeginn war die Heiligsprechung verkündet worden, ungewöhnlich schnell, fast überhastet war der Heiligsprechungsprozess verlaufen. Längst gilt Papst Johannes Paul II. als besonderer Gönner von Opus Dei - trotz aller Kritik an vermeintlich "asketischen Exzessen", umstrittenen Bekehrungsmethoden und autoritären Strukturen.
"Ich weiß, dass ich auf Eure Bereitschaft zählen kann", hatte der Papst schon 1992 gesagt, als er Escriva selig sprach. "Enttäuscht nicht das Vertrauen des Nachfolgers Petri!". Schon damals hagelte es Proteste von progressiver Seite in und außerhalb der Kirche. Kritiker monieren, es sei vor vor allem das Gebot zum unbedingten Gehorsam für die Mitglieder, das den Papst besonders beeindrucke. Allein in Deutschland gebe es etwa 1000 Opus-Dei-Mitglieder, heißt es offiziell. In Österreich sind es rund 350. Doch ehemalige deutsche Mitglieder, die sich abgesetzt haben, sprachen unlängst von Austritten, Nachwuchssorgen und Überalterung.
"Ich hatte meine 26 Jahre, die Gnade Gottes und sonst nichts", sagte Escrivás später einmal über die Gründung der Organisation im Oktober 1928, der zunächst nur Männer angehörten und die erst später den Namen Opus Dei (Werk Gottes) erhalten sollte. Anhänger des spanischen Preisters nannten ihn "Vater", zur Begrüßung verbeugten sie sich vor ihm und küssten ihm die Hände. Dabei wollte der Kaufmannssohns aus Nordspanien eigentlich Architektur studieren - bis ihm Gott einen anderen Weg wies.
Es sind nicht zuletzt die Übungen mit dem "Bußgürtel", die bei Außenstehenden noch heute Kopfschütteln auslösen: Zwei Stunden täglich, schreibt das Reglement vor, sollen "Numerarier" (höchste Mitglieder) das mit Dornen besetzte Metallband am Oberschenkel anlegen: Die Schmerzen, die es bereitet, sollen an die Leiden Christus erinnern.
Selbst Kritiker räumen ein, gegen die Ziele von Opus Dei sei kaum etwas einzuwenden: Die Mitglieder sollen Leben und Arbeit ganz in den Dienst Gottes stellen, Gesellschaft und Staat "christianisieren".
Ihr Anspruch allerdings ist extrem hoch und allumfassend: "Wir haben den großen Ehrgeiz, die Institutionen der Völker, der Wissenschaft, Kultur, Zivilisation, Politik, Kunst und sozialen Beziehungen zu heiligen und zu christianisieren."
Kritiker meinen, auf große Toleranz lasse das nicht schließen. "Ein Zeichen der Restauration im Vatikan", nennt der Theologe und Opus-Dei-Experte Peter Hertel die Heiligsprechung.
Schon vor vielen Jahren meinte der damalige Wiener Erzbischof, Kardinal Franz König: "Das Opus Dei soll Kritik ernst nehmen und sich im Interesse der Gesamtkirche viel offener als bisher Einwendungen stellen." dpa