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Orang-Utans sind perfekte Beatboxer

Von Alexandra Grass

Wissen
© Uryadnikov Sergey - stock.adobe.

Laut Forschern lassen sich evolutionäre Verbindungen zum Menschen auch in der Sprache nicht mehr ignorieren.


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Orang-Utans sind gekonnte Beatboxer. Ähnlich wie Singvögel oder menschliche Beatboxer ist es ihnen möglich, zwei verschiedene Töne gleichzeitig zu erzeugen. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher der University of Warwick. Sie berichten darüber im Fachblatt"Pnas Nexus".

Die Wissenschafter beobachteten zwei Populationen von vokalisierenden Orang-Utans in Borneo und Sumatra über insgesamt 3.800 Stunden und stellten dabei fest, dass die Primaten beider Gruppen das gleiche Vokalphänomen verwendeten.

Zwei Laute gleichzeitig

"Der Mensch benutzt Lippen, Zunge und Kiefer, um die stimmlosen Laute der Konsonanten zu erzeugen, während er die Stimmlippen im Kehlkopf mit ausgeatmeter Luft aktiviert, um die stimmhaften, offenen Laute der Vokale zu erzeugen", erklärt der Psychologe und Studienleiter Adriano Lameira.

Orang-Utans seien ebenfalls in der Lage, beide Arten von Lauten zu erzeugen - und zwar beide gleichzeitig. "Große männliche Orang-Utans auf Borneo erzeugen zum Beispiel in Kampfsituationen Geräusche, die als ,chomps‘ bekannt sind, in Kombination mit ,grumbles‘. Weibliche Orang-Utans in Sumatra geben gleichzeitig ,Kussquietschen‘ und ,rollende Rufe‘ von sich, um andere vor einer möglichen Bedrohung durch ein Raubtier zu warnen", so Lameira.

Die Tatsache, dass zwei verschiedene Populationen dabei beobachtet wurden, zwei Rufe gleichzeitig auszustoßen, sei ein Beweis dafür, dass es sich hierbei um ein biologisches Phänomen handelt.

Menschen erzeugen selten gleichzeitig stimmhafte und stimmlose Geräusche. Eine Ausnahme ist das Beatboxing, eine geschickte Gesangsdarbietung, die die komplexen Beats der Hip-Hop-Musik nachahmt. "Allein die Tatsache, dass der Mensch anatomisch in der Lage ist, Beatboxing zu betreiben, wirft die Frage auf, woher diese Fähigkeit stammt. Wir wissen jetzt, dass die Antwort in der Evolution unserer Vorfahren liegen könnte", betont Mitautorin Madeleine Hardus.

Evolution der Sprache

Nach Ansicht der Autoren wurden die stimmlichen Kontroll- und Koordinationsfähigkeiten wild lebender Menschenaffen im Vergleich zu den stimmlichen Fähigkeiten von Vögeln unterschätzt.

"Jetzt, da wir wissen, dass diese Stimmfähigkeit zum Repertoire der Menschenaffen gehört, können wir die evolutionären Verbindungen nicht mehr ignorieren", so Hardus. Es könnte den Forschern zufolge sogar sein, dass die frühe menschliche Sprache eher wie Beatboxing klang, bevor die Evolution die Sprache in die Konsonanten-Vokal-Struktur organisierte, die wir heute kennen.