Die tatsächlichen Pläne von Ungarns Ministerpräsidenten bleiben im Dunkeln.
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Budapest. So gelöst wie huldvoll lächelt der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban aus einem Meer rot-weiß-grüner Fahnen heraus seinen Anhängern zu. Schon seit Tagen prangt dieses Bild in der Online-Ausgabe der Tageszeitung "Magyar Hirlap" an oberster Stelle. Es soll die Begeisterung ungarischer Patrioten für den "Friedensmarsch" wecken, der für dieses Wochenende, Samstag, angesetzt ist. Nach Erklingen der Nationalhymne sollen sie nachmittags vom Heldenplatz zum Parlament ziehen, um für das zu demonstrieren, "was sie bürgerliche Demokratie und nationale Unabhängigkeit nennen" und damit "eine Lüge" zu entlarven. 1100 Jahre seien die Ungarn schließlich Europäer, heißt es in dem Aufruf zur Kundgebung.
Er ist symptomatisch für das, was in diesen Tagen die Vertreter des offiziellen Ungarn, allen voran Orban und den für die Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zuständigen Tamas Fellegi, und ihre Anhänger umtreibt. Sie tun sich äußerst schwer damit zu verstehen, warum die, bei denen sie zurzeit wegen milliardenschwerer Finanzhilfen anklopfen, in ihnen Abweichler vom europäischen Wertekonsens sehen. Nach Orbans Darstellung geht es dabei um eine reine Vorsichtsmaßnahme, Fellegi zufolge wird ausdrücklich über einen Kredit verhandelt.
Klar ist nur, dass Ungarn dringend Geld benötigt. Nach offiziellen Angaben sind es 17 bis 20 Milliarden Euro. Nach einem Treffen mit dem österreichischen Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger am Freitag in Budapest stellte Orban klar, er habe keinen Kredit verlangt, weil Ungarn nicht von österreichischem Geld leben wolle. Spindelegger hatte zuvor betont, Österreich habe Interesse, Ungarn zu unterstützen. "Wir sind uns im Klaren darüber, dass Kredite unter Bedingungen vergeben werden", sagte Fellegi nach Abschluss einer Reihe von Gesprächen in Berlin, Brüssel, Washington und Wien. Als Mitglied des IWF kenne Ungarn die Spielregeln, "im Übrigen sind wir nie so an die Dinge herangegangen, als wollten wir Hilfe ohne Bedingungen".
Ungarn beugt sich bei den Verhandlungen mit der EU über die eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren der "Macht" der Forderungen, nicht den Argumenten, erklärte Orban bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Spindelegger. Man werde auf die Zusammenlegung der Notenbank mit der Finanzaufsicht verzichten.
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Brüssel-Milliarden nur bei Gesetzesänderungen
Budapest müsse konkrete Maßnahmen ergreifen, um die Unabhängigkeit der Notenbank zu garantieren, hieß es aus Brüssel. Nur dann könnten Verhandlungen über Kredite beginnen.
Es bleibt offen, inwieweit Budapest einen wirklichen Kurswechsel beabsichtigt. Nicht wenige Beobachter werten Orbans jüngstes Entgegenkommen als bloßes Taktieren, um an dringend benötigtes Geld heranzukommen. Schließlich bezeichne Orban die avisierte Änderung des Notenbankgesetzes selbst als unwesentlich. Die Kommission habe zudem weniger ein Problem mit der geplanten formellen Entmachtung von Notenbankgouverneur Andras Simor als vielmehr mit der anhaltenden Kritik der Regierung an dessen Kurs, zitiert portfolio.hu aus einem 13-seitigen Brief des EU-Kommissars für Wirtschaft und Währungsfragen, Olli Rehn an den ungarischen Außenminister Janos Martonyi.