Nationalistische Töne aus dem Mund des ungarischen Oppositionsführers. | Bratislava. Ungarns Oppositionsführer Viktor Orban hat für große Verunsicherung in der Slowakei gesorgt. Als Gastredner beim 9. Republik-Kongress der Partei der ungarischen Koalition (SMK) im südslowakischen Rimavska Sobota sprach er sich für eine "gemeinsame Planung der im Karpatenbecken lebenden Ungarn" aus, wenn die ungarischen Wähler seinem Fidesz bei den im April anstehenden Parlamentswahlen das Vertrauen aussprächen. Damit schürte Orban Ängste, Budapest plane die Errichtung eines Groß-Ungarn oder zumindest Eingriffe in die slowakische Souveränität.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Derzeit scheint es zudem als sehr wahrscheinlich, dass Orban die nächsten Wahlen gewinnen wird. Schon seit Monaten führt er in Umfragen haushoch.
Ein "enormes Sicherheitsrisiko" nannte der Vorsitzende der Slowakischen Nationalpartei Jan Slota Orbans Auftritt. Die Spitzen der Smer-SD des slowakischen Premier Robert Fico hingegen ließ der prominente Besucher offiziell zumindest kalt. Tatsächlich aber ist in Bratislava die Angst vor einem Regierungswechsel in Budapest groß. Orban ist für viele die Verkörperung eines aggressiven ungarischen Nationalismus, zumal er seit Monaten extrem scharfe Töne anschlägt. Dabei schloss er vor einigen Wochen kategorisch ein Zusammengehen mit dem rechtsextremen Jobbik aus. Beobachter in Budapest verweisen zudem darauf, dass Orban die Wahlen nur mit einer "deutlichen Rhetorik im Vorfeld" gewinnen könne.
Am Sonntag betonte er, er werde im Falle eines Wahlsiegs die bilateralen Beziehungen auf eine neue Grundlage stellen, die von Freiheit, gegenseitigem Respekt und europäischen Werte geprägt sein werden. Eine Kooperation mit der vom früheren SMK-Vorsitzenden und einstigen Orban-Vertrauten Bela Bugar gegründeten Partei Most-Hid, die sich für eine Zusammenarbeit über ethnische Grenzen hinweg ausspricht, lehnte er aber ab.
Deshalb lassen Orbans Aussagen für viele in Bratislava auch wieder andere Deutungen zu. Die in der Slowakei lebenden Ungarn forderte er auf, sich zu ihrer Nationalität auch in Zeiten zu bekennen, "wo dies keinerlei Vorteile bringt". Außerdem nannte er die im Karpatenbecken lebenden Ungarn eine "staatsbildende Gemeinschaft" auch über die Grenzen Ungarns hinaus. Für Unbehagen sorgt auch ein Gesetzesentwurf, den Fidesz tags zuvor im ungarischen Parlament eingebracht hatte. Danach wird die Erlangung der ungarischen Staatsbürgerschaft deutlich vereinfacht, wenngleich doppelte Staatsbürgerschaften auch weiterhin keine Selbstverständlichkeit sein sollen. Bewerber müssen danach keinen dauerhaften Wohnsitz mehr auf dem Gebiet der Republik Ungarn nachweisen.