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Orbán will Journalisten auf Linie bringen

Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann

Europaarchiv

Ungarn: Premier soll Chef der Medienaufsichtsbehörde ernennen. | Bratislava. Schon vor seinem Sieg bei den ungarischen Parlamentswahlen im April hatte der neue Ministerpräsident Viktor Orbán eine Neuordnung der Medienlandschaft angekündigt. Kürzlich legte er den Entwurf für ein Mediengesetz vor, das derzeit im Parlament beraten wird und wegen der Zwei-Drittel-Mehrheit von Orbáns Partei Fidesz verabschiedet werden dürfte.


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Zum einen will Orbán ein Projekt fortschreiben, bei dem ihm das Verfassungsgericht während seiner ersten Amtszeit einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Fidesz wollte damals einen Anspruch auf Gegendarstellung durchsetzen für jeden, der sich durch einen Artikel persönlich geschädigt fühlte. Nunmehr geht Orbán noch weiter: Es reicht die gefühlte Verletzung der persönlichen Ehre durch eine veröffentlichte Meinung.

Darüber hinaus sollen künftig alle Medien verpflichtet sein, "in verantwortlicher Weise über örtliche, gesamtstaatliche und europäische Angelegenheiten" zu berichten. Den öffentlich-rechtlichen Medien obliegt es, "die ungarische und europäische Identität zu stärken (.. .), das Gefühl der nationalen Einheit zu intensivieren sowie den Familiensinn zu stärken und den Anforderungen religiöser Gemeinschaften zu genügen".

Auf Kritik stößt die geplante Zusammenfassung der Aufsichtsgremien bei Rundfunksendern und der Nachrichtenagentur MTI bei einer einzigen Medienbehörde, deren Leiter vom Premier ernannt wird. Bei aller Kritik ist zu bedenken, dass die öffentlich-rechtlichen Medien schon heute de facto in ihrem Handlungsspielraum stark eingeschränkt sind. Seit Aufhebung der Rundfunkgebühr sind sie von Geldzuweisungen durch das Parlament abhängig.