**Berlin/Budapest (red/dpa) Der liberale ungarische Schriftsteller György Konrad hat die Einschränkungen durch das neue Mediengesetz in Ungarn mit der Frühphase des NS-Regimes verglichen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Das erinnert mich stark an 1933, als die NSDAP mit einer Wahlmehrheit unter scheinbar demokratischen Bedingungen an die Macht kam", sagte Konrad in der Weihnachtsausgabe der "Berliner Zeitung".
Trotz europaweiter Kritik am neuen ungarischen Mediengesetz denkt Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban nicht einmal an Modifikationen: "Wir denken nicht im Traum daran, das Mediengesetz zu verändern und es nach der Kritik zu modifizieren", sagte er im ungarischen Fernsehen. Laut Orban beinhaltet das neue Mediengesetz keinen Passus, der nicht in der Medienregulierung der anderen EU-Länder enthalten wäre. Nach Einschätzung des Regierungschefs ist das Mediengesetz "ein europäisches Gesetz".
Konrad sieht die Pressefreiheit gefährdet: "Die Regierung versucht das rückgängig zu machen, was wir mit der Einführung der Pressefreiheit 1989 erreicht haben", meinte der 77-Jährige Schrifsteller. Er ist Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels (1991) und des Internationalen Karlspreises der Stadt Aachen (2001). Das neue Mediengesetz in Ungarn sei eine grobe Zensurmaßnahme. Das Gesetz sei ein wirklicher Verlust für Ungarn und ein Abbau der Demokratie.
Orban spielte die Kritik seiner europäischen Regierungskollegen herunter. Zur Reaktion von Angela Merkel meinte der Premier, eigentlich hätte die "arme deutsche Kanzlerin nichts gesagt", sondern lediglich der stellvertretende Regierungssprecher. Wie Orban weiter betonte, misst er persönlich den "ausländischen Meinungen zunächst nur eine sehr mäßige Bedeutung bei".
Das ungarische Parlament, in dem die rechtskonservative Regierung über eine Zwei-Drittel-Mehrheit verfügt, hatte in der Nacht auf Dienstag das neue Mediengesetz verabschiedet. Die von der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz kontrollierte neue Medienbehörde NMHH soll künftig neben der Aufsicht der staatlichen Medien auch die privaten Fernseh- und Radiosender sowie Zeitungen und Internetportale kontrollieren. Kritiker befürchten einen Knebel für die Presse, zumal die NMHH-Präsidentin Annamaria Szalai für neun Jahre von Ministerpräsident Orban ernannt worden war.
Das Gremium kann Rundfunkbetriebe, Zeitungen und Zeitschriften, deren Berichte als "nicht politisch ausgewogen" erachtet werden, mit hohen Geldstrafen belegen. Journalisten müssen dem Gesetz zufolge ihre Quellen offen legen, wenn es um Fragen der nationalen Sicherheit geht. Das Gesetz soll am 1. Jänner in Kraft treten und damit an dem Tag, an dem Ungarn turnusmäßig den EU-Ratsvorsitz übernimmt.