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Beruhigend. Wenn der Pressesprecher des Innenministers ein E-Mail an die Landespolizeidirektionen verschickt, in dem er vorschlägt, die Kommunikation mit kritischen Medien auf das "nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken", landet dieses E-Mail prompt - bei eben diesen kritischen Medien. Und sorgt für gehörige Aufregung im In- und Ausland. Dieser Leak zeigt, dass es in der Polizei rechtschaffene und anständige Beamte gibt, die nicht bereit sind, die unanständige Informationspolitik von Minister Herbert Kickl mitzutragen.
Ebenso beruhigend ist es, dass, nachdem der Inhalt des vom Pressesprecher des Bundesministers verfassten Schreibens ruchbar geworden war, diese Anregungen aus dem Hause Kickl an die Polizeidienststellen von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Staatssekretärin Karoline Edtstadler unisono heftig kritisiert und zurückgewiesen wurden. Die Lektion für Kickls Buberlpartie: So leicht wird es mit der Orbánisierung Österreichs doch nicht werden.
Also gut ist’s gegangen, nix is’ geschehen? Mitnichten. Kickl, der FPÖ-Stratege, der einst von einem Heimatschutzministerium träumte, hat sich - nach dem BVT-Skandal und der Polizeipferde-Groteske - einmal mehr als Minister für allgemeine Verunsicherung entpuppt. Im gegenständlichen Fall heißt es nun, Kickl habe von dem E-Mail an die Polizeidienststellen nichts gewusst.
Wie kann es sein, dass der Minister, der in der Vergangenheit ein Polizei-Grenzschutzspektakel in Spielfeld um kolportierte 500.000 Euro inszenieren ließ - samt als Flüchtlingshorden verkleideter Polizeischüler -, sich plötzlich überhaupt nicht für einen aus seinem Haus stammenden Medien-Ukas interessiert? Will Kickl sich etwa von der in dem E-Mail ausgesprochenen "Anregung", Sexualstraftaten - es sei denn, sie passieren im Familienumfeld - "proaktiv" öffentlich zu machen sowie Staatsbürgerschaft und Asyl- beziehungsweise Aufenthaltsstatus zu nennen, distanzieren?
Angesichts dessen sieht es eher so aus, als wolle der Minister den Schwarzen Peter nun seinem Ressortsprecher zuschieben. "Journalismus ist, zu drucken, was jemand anderer nicht gedruckt sehen will: Alles andere ist Public Relations." Von wem dieses Zitat, das oft George Orwell zugeschrieben wird, tatsächlich stammt, ist nicht ganz klar - zudem ist diese Definition von Journalismus doch ein wenig zu eng (ist ein gut geführtes Interview mit einem klugen Menschen kein Journalismus?). Glasklar aber ist eines: Kritische Medien haben in der modernen Gesellschaft eine wichtige Kontrollfunktion. Wer das nicht kapiert hat, ist in einer öffentlichen Funktion eine Fehlbesetzung.