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Orbáns Gegner machen mobil

Von WZ-Korrespondentin Kathrin Lauer

Politik

Demonstranten akzeptieren mit Bajnai erstmals Politiker als Sprecher.


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Budapest. Ungarns Ex-Premier Gordon Bajnai ist wieder in die Politik zurückgekehrt und versucht, sich als Herausforderer des rechtsnationalen Regierungschefs Viktor Orbán zu profilieren. Vor zehntausenden Menschen hielt Bajnai, der bisher alles andere als ein Volkstribun war, eine regelrechte Wahlkampfrede. Es gehe darum, bei den nächsten Wahlen 2014 Orban abzulösen, aber auch dessen "Regime" abzuschaffen, das seine Macht missbrauche. Zeitgleich rühmte sich Orban, die Ungarn aus der "Schuldenfalle" befreit zu haben, und kritisierte die EU. Anlass für die Massenversammlungen war der Nationalfeiertag, an dem die Ungarn den Beginn der antisowjetischen Revolte vom 23. Oktober 1956 feiern.

Orbáns Gegner versammelten sich nach einem Aufruf der außerparlamentarischen Oppositionsbewegung Milla. Schon im Vorfeld zeichnete sich eine vorsichtige Wende ab, von der Optimisten eine Bündelung der zersplitterten Kräfte gegen Orbán erhoffen. Zum ersten Mal akzeptierte Milla nämlich mit Bajnai einen Politiker als Demo-Redner. Der Bankfachmann leitet die Stiftung "Heimat und Fortschritt" ("Haza és haladás"), die sich erst kürzlich zum eingetragenen Verein umformiert hat.

Als Regierungschef war es Bajnai, der die ersten schmerzhaften Sparmaßnahmen eingeleitet hat, nachdem Ungarn 2008 durch ein Kreditpaket des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU vor dem Staatsbankrott gerettet wurde. In Bewegung geraten ist auch Milla ("Eine Million für die Pressefreiheit"). Die bisherige lose Gruppe, die durch Facebook zustande kam, hat sich vor kurzem auch als ordentlicher Verein eintragen lassen. Mit Bajnai und anderen Oppositionsgruppen will Milla ein Wahlbündnis unter den Namen "Zusammen 2014" schließen. Politiker waren bei den Milla-Demonstrationen bisher unerwünscht, das ist nun eindeutig anders geworden.