Fidesz-Favorit Pal Schmitt löst Staatsoberhaupt Laszlo Solyom ab. | Kritiker warnen vor Umbau zur Präsidialrepublik. | Budapest. 263 von 322 gültigen Stimmen: Mit erwarteter Mehrheit hat das ungarische Parlament Pal Schmitt zum neuen Präsidenten gewählt. Dieser wird am 6. August das bisherige Staatsoberhaupt Laszlo Solyom ablösen. Schmitt war von Ministerpräsident Viktor Orban vorgeschlagen worden.
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Dessen Partei, der rechtskonservative Fidesz, verfügt im Parlament über genau die 263 Mandate - und damit über fünf mehr als die zur Wahl des Präsidenten erforderliche Zweidrittelmehrheit. Einziger Gegenkandidat war der von den Sozialisten nominierte Historiker Andras Balogh. Dieser erhielt 59 Stimmen.
An der Person des neuen Staatsoberhaupts, der derzeit noch Parlamentspräsident ist, scheiden sich die Geister. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe. Nicht wenige sehen in Schmitt nur einen Statthalter von Premier Orban. Schmitt werde sein neues Amt nur solange bekleiden, bis Orban im Wege von Verfassungsänderungen den Staat zu einer Präsidialrepublik umgestaltet habe und sich dann selbst zum Präsidenten küren lasse, spekulieren vor allem linksorientierte Kritiker des seit Ende Mai amtierenden Regierungschefs. Zu ihnen gesellen sich einige ausländische Beobachter, aus deren Sicht Schmitt nur ein Opportunist ist, der sich insbesondere vor 1989 stets den politischen Verhältnissen anpasste. Sie stoßen sich vor allem daran, dass Schmitt von Fidesz unterstützt wird, also der Partei, deren Vorsitzender Orban sich in seinen politischen Anfängen gerade aus seiner Opposition zum kommunistischen Regime von Janos Kadar heraus profilierte.
Reden von der Einheit
Schmitts Anhänger wiederum rühmen die unzähligen internationalen Kontakte des 68-Jährigen sowie seine damit verbundenen Verdienste für Ungarn und verweisen auf sein hohes Ansehen in der ganzen Bevölkerung. Anders als der introvertierte Solyom, der seine Aufgabe als Staatsoberhaupt vor allem als kritischer Jurist wahrnahm - und deshalb die Unterzeichnung etlicher vom Parlament verabschiedeter Gesetze verweigerte und nur selten einen volksnahen Ton anschlug - werde der joviale und eloquente Schmitt die Ungarn einen können. Schmitt selbst jedenfalls beschwor in den Tagen vor seiner Wahl immer wieder in Übereinstimmung mit Orban "die nationale Einheit" herauf. Darunter versteht er insbesondere die reibungslose Zusammenarbeit von Präsident und Premier, wie er gestern, Dienstag, betonte.
Unbestritten sind Schmitts Intelligenz und seine sportlichen Erfolge; seine Karriere als Sportfunktionär und Politiker hingegen verlief wechselvoll. 1968 und 1972 gewann der Ökonom mit der Mannschaft olympisches Gold im Degenfechten. 1986 wurde er Generalsekretär, 1989 Präsident des Nationalen Olympischen Komitees. Seit 1983 gehört er dem Internationalen Olympischen Komitee an; seine Bewerbung um das Amt des Präsidenten blieb dort ohne Erfolg.
Richtig Schwung bekam Schmitts politische Karriere 2003 mit dem Eintritt in den Fidesz, wenngleich sich Gerüchte halten, er habe sich zuvor den Sozialisten angedient. Alsbald rückte er zum Vizeparteichef auf. 2004 zog Schmitt ins EU-Parlament ein; im Vorjahr wurde er dessen Vizepräsident. Im April wechselte er ins nationale Parlament.
Nächster Triumph?
Nach dem Ja der Parlamentarier zum Staatspräsidenten Schmitt fehlt Viktor Orban nun zum völligen politischen Triumph nur noch ein überzeugender Sieg bei den Kommunalwahlen im Herbst. Am Samstag nominierte Fidesz den Architekten Istvan Tarlas zum Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters von Budapest. Er soll den wegen Affären und Missmanagement angeschlagenen Gabor Demszky von der liberalen SZDZS ablösen. Und es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann Orban Notenbankchef Andras Simor entmachtet, mit dem er sich derzeit eine mediale Schlammschlacht liefert.