Wirtschaftsminister: Ungarn hält Maastricht-Vorgaben auf Dauer ein.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Budapest. Der ungarische Volkswirtschaftsminister György Matolcsy konterte am Mittwoch als Erster die schlechten Nachrichten aus Brüssel. Darauf, dass die EU-Kommission ab 1. Jänner 495,2 Millionen Euro der insgesamt 1,7 Milliarden Euro sperrt, die Ungarn im kommenden Jahr aus den Kohäsionsfonds zustehen, ging er allerdings gar nicht ein. Vielmehr betonte er einmal mehr, dass Ungarn das Haushaltsdefizit dauerhaft unter 3 Prozent drücken werde. All das soll "auf solider Grundlage" des im Vorjahr vorgestellten Kalman-Szell-Plans geschehen, über den die Regierung das Budget langfristig sanieren und der Wirtschaft dauerhaft zu neuem Schwung verhelfen will.
Heuer peilen die Ungarn ein Defizit von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an. Dieses Ziel will Matolcsy "unter allen Umständen erreichen". 2013 sollen es sogar nur 2,2 Prozent des BIP sein. All das bezweifelt aber die EU-Kommission. Sie geht davon aus, dass es Ungarn nicht schafft, den Maastricht-Vorgaben auf Dauer zu entsprechen.
Peter Szijjarto, Sprecher von Ministerpräsident Viktor Orban, bezeichnete die Entscheidung der EU-Kommission als rechtlich fragwürdig. Sie widerspreche dem Geist der Verträge, auf denen die EU basiere.
Andernorts war deutliche Verunsicherung zu spüren. Wegen des instabilen Wechselkurses zwischen Euro und ungarischem Forint lasse sich nur grob abschätzen, mit welchen Einbußen Ungarn rechnen müsse, ob es nun 142, 144 oder gar noch mehr Milliarden Forint seien, hieß es auf dem Internetportal "index.hu".
Unterdessen meldete das Online-Medium "portfolio.hu", das Kabinett habe mit den Beratungen über eine Neuordnung des Budgets für 2012 und 2013 begonnen. Eine offizielle Stellungnahme gibt es dazu bisher nicht. Über das ungarische Amtsblatt wurden am Dienstag mehrere Ressorts angewiesen, bestimmte Maßnahmen zur Stabilisierung des Haushalts zu konkretisieren. Sämtliche Ministerien sollen ihre Ausgaben reduzieren und keinerlei laufende Anschaffungen mehr tätigen.
Allerdings gibt es keine Vorgaben, in welchen Größenordnungen das Budget entlastet werden soll. Das Internetportal "origo.hu" geht von Streichungen in Höhe von 0,1 Prozent des BIP aus, was umgerechnet knapp 104 Millionen Euro entspräche.
Klar ist bisher nur, dass im Frühjahr 2012 und im Frühjahr 2013 die staatlichen Zuschüsse für Medikamente weiter gesenkt werden. Legt man den Kalman-Szell-Plan zugrunde, müssen die Ungarn heuer mit Kürzungen von umgerechnet 287,2 Millionen Euro und nächstes Jahr mit Streichungen von umgerechnet 128 Millionen Euro rechnen.
Nächstes Jahr werden die staatlichen Zuschüsse für die Budapester Verkehrsbetriebe zurückgefahren. Mitte 2013 soll, wie schon lange angekündigt, ein großflächiges elektronisches Maut-System kommen, für das vor wenigen Wochen noch 2014 als Starttermin genannt worden war. Laut offiziellen Schätzungen kann der Fiskus mit Einnahmen von umgerechnet 345 Millionen. Euro pro Jahr aus dieser Quelle rechnen. Unabhängige Experten halten dies jedoch für "überaus optimistisch".
Dem Volkswirtschaftsministerium zufolge tragen heuer außerdem die Einnahmen aus der Bankensteuer wesentlich dazu bei, den Haushalt zu stabilisieren. 2013 soll der Fiskus vor allem von E-Maut und Körperschaftsteuer profitieren. Nettogewinne von Körperschaften bis umgerechnet 1,7 Millionen Euro werden zurzeit mit einem Satz von 10 Prozent, alle höheren Nettogewinne mit einem Satz von 19 Prozent besteuert. Daran soll sich auch nichts ändern.