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ORF: Unabhängig, aber nicht unparteiisch

Von Christoph Bösch

Gastkommentare

In der Diskussion um den ORF wird leider immer wieder "unabhängig" mit "unparteiisch" verwechselt. Doch man kann schließlich auch freiwillig Partei ergreifen, zur Partei werden! Vor allem Radio Ö1 (aber auch die Bereiche Information, Wissenschaft, zum Teil auch Kultur im TV) ist derzeit die vielleicht schamloseste Propaganda-Maschine Österreichs. Dass das Ganze auf zumeist immer noch hohem Niveau stattfindet, macht die Sache nur noch problematischer (sonst würde ja ohnehin keiner mehr zuhören).


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Man versteckt sich gerne hinter der öffentlichen "Rechtlichkeit" - doch etwa bei der EU-Wahl stimmte kaum ein Drittel der Wähler für Rot und Grün. Bei den fast zeitgleichen ORF-Betriebsratswahlen war das Verhältnis hingegen genau umgekehrt.. .

Das wäre eigentlich gar nicht schlimm, wenn die Redakteure ihre Meinung nicht für allgemein gültig und erwünscht hielten. Doch praktisch jeder fühlt sich offenbar bemüßigt, nach Belieben Propaganda in eigener ideologischer Sache zu machen. Immerhin ist man ja politisch korrekt - und daher wohl über Argumente erhaben . . .

Es muss daher auch vollkommen genügen, in salbungsvoll-wissendem Ton etwas zu behaupten. Die Schutzpatrone der Entrechteten fühlen sich selbst zu fast allem berechtigt! Aus Vorwürfen werden gleich Ansprüche abgeleitet und wie selbstverständlich entsprechende Forderungen gestellt.

Manipulation wird dabei als durchaus zulässig erachtet, weil man sich ja im Besitz einer "höheren" Wahrheit (und Moral) weiß. Und dieser Wahrheit müssen notfalls eben die Interessen der vermeintlich Mächtigen geopfert werden. Um endlich "Chancengleichheit" herzustellen!

Dabei findet man natürlich wenig dabei, auch in die Rechte Dritter einzugreifen - oder dies zumindest zu fordern. Der hehre Zweck heiligt die Mittel (und wer sich selbst verfolgt fühlt, ist leider in der Wahl der Mittel meist nicht allzu zimperlich). Dass die wirklich Leidenden dabei oft erst recht auf der Strecke bleiben, ist traurige Ironie! Aber vielleicht geht es um die auch gar nicht.

Die Parteien mögen durchaus einen ziemlichen Einfluss haben - doch ihnen ist die eigentliche Politik in Wirklichkeit wohl gar nicht so wichtig. Viel wichtiger sind offenbar Macht, Posten und Querelen. Und auch die Journalisten betreiben lieber Jagd auf einzelne personifizierte Feindbilder, statt sich die Mühe zu machen, Probleme einmal prinzipiell zu analysieren, nach besseren Alternativen zu suchen.

Reine Ideologie wird dabei ganz ungeniert wechselweise als "Bildung" oder "Wissenschaft" ausgegeben.. . Und anscheinend fällt das fast keinem mehr auf. Oder hat man sich einfach damit abgefunden? Der Boulevard ist dagegen jedenfalls richtig harmlos.

Christoph Bösch ist Publizist in Wien.