Die Ohrfeige kam schwarz auf weiß und sie schallt auch am Wochenende noch nach: Die Rundfunkaufsicht (RTR) hatte beim Kommunikationswissenschafter Jens Woelke (wie berichtet) eine Studie bestellt, die die Programmstruktur der Österreichischen Sender untersuchte. Ergebnis: ORF1 ist mit 86 Prozent Unterhaltung und nur drei Prozent (!) Information wie ein knallharter Privatsender programmiert. So privat ist hierzulande kein einziger Privatsender. Nun bleibt nur zu hoffen, dass die RTR Herrn Woelke nicht zu viel Geld für diese Informationen bezahlen musste, die jeder Publizistikstudent, ausgestattet mit einer "TV-Woche", Papier und Bleistift und einem Seminar lang Zeit genauso gut geschafft hätte. Denn dass ORF1 ein kommerzielles Programm reinster Güte auf den Schirm schickt, ist weder neu noch eine Sensation.
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So lange die ORF-Finanzierung jedoch so ist wie sie ist, scheint das ohne Alternative. Denn jene, die mit dem Finger auf den ORF zeigen, sollten sich die Bilanzen des ORF zu Gemüte führen. Man kann nicht alles haben: Einerseits hebt der ORF für das umfassende Angebot, das er liefert, deutlich zu niedrige Gebühren ein. Das ist öffentlich erwünscht, denn den Rest - immerhin etwa ein Drittel des Budgets - soll sich der ORF am Markt verdienen. Andererseits benötigt er dafür jedoch einen international konkurrenzfähigen Sender, damit er auch Kunden findet, die schalten wollen. Wäre der ORF nämlich auf die Werbeeinahmen des als öffentlich-rechtlich besonders vorbildlich gepriesenen ORF2 angewiesen, könnte er zu sperren. Man kann dem ORF aber dennoch raten, es nicht zu übertreiben. Der Balanceakt ist mehr als heikel.