)
Eine neue Technik ermöglicht einem flachen Etwas, sich selbst zu entfalten und sich fortzubewegen - mit Video
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien/Cambridge. Nach Verschütteten zu suchen, gestaltet sich aufgrund unzureichender Zugänge immer wieder als besonders schwierig bis unmöglich. Manchmal ist der Zutritt zu eingestürzten Häusern zu gefährlich oder zu verschütteten Minen erst gar nicht möglich. Auch Rettungshunde passen nicht immer durch die häufig sehr engen Passagen.
Abhilfe könnte ein Roboter schaffen, den US-Wissenschafter kreiert haben. Er kann sich aus einer flachen Lage Papier und Kunststoff selbst entfalten und fortbewegen. Inspiriert wurden die Forscher aus der Welt des Origami und der Natur, wie sie im Fachblatt "Science" berichten.
Selbstorganisation
Der Prozess des selbstständigen Zu- oder Umbaus geschieht tagtäglich um uns herum. Biologische Moleküle, wie etwa Viren, formen sich ohne Anleitung zu den unterschiedlichsten Strukturen. Insektenkolonien bilden ihre Nester auf dieselbe Art und Weise. Verschiedene Arten dieser Entwicklungen sind auf die Technik übertragbar. Eine davon ist die Selbstorganisation von flachen Materialien in dreidimensionale Gebilde wie zum Beispiel Roboter. Sie können die unterschiedlichsten Formen und Größen bei effektivster Stabilität hervorbringen.
Der neue Roboter ist der erste, der sich selbst aufbauen und dann ohne menschliche Hilfe eine Handlung ausführen kann. "Stellen Sie sich einen Stapel Roboter-Satelliten vor, die zusammengepresst in den Weltraum geschickt werden und sich dort selbst aufbauen", skizziert Erstautor Sam Felton in einer Mitteilung der Harvard-Universität eine weitere Einsatzmöglichkeit.
Aufgrund ihrer Leichtigkeit, Robustheit und Flexibilität könnte die neue Technik auch dazu dienen, selbst aufbauende Möbel zu konstruieren oder selbst entfaltende Schutzräume für Katastrophengebiete. Auf jeden Fall können Roboter wie diese in großen Mengen transportiert werden, um an verschiedensten Orten die unterschiedlichsten Arten von Tätigkeiten auszuüben.
5,4 Zentimeter pro Sekunde
Als Grundmaterialien werden Papier und Polystyrol, wie es etwa in der Lebensmittelverpackung vorkommt, verwendet. Ein Laser bestückt mit einer 3-D-Origami-Software namens "Origamizer" generierte mithilfe eines Lasers die passenden Falten im Plastik, entlang derer sich die Roboterform bilden kann. Das Polymer beginnt schließlich, bei 100 Grad Celsius sich in Form zu bringen. Sich selbst entfaltende Scharniere unterstützen den Aufbau.
Ein elektronischer Schaltkreis dient dem Roboter als Gehirn. Zwei Motoren ermöglichen ihm eine Fortbewegungsgeschwindigkeit von 5,4 Zentimetern pro Sekunde. Der Prozess benötigt nicht mehr elektrische Energie als in einer herkömmlichen Mignon-Zelle (AA-Batterie) enthalten ist.
Metamaterialien
Auch der Origami-Begeisterte Physiker Jesse Silverberg von der Cornell-Universität hat sich die japanische Kunst des Faltens für seine Forschungen zunutze gemacht. Mit dem Faltmuster Miura-ori verändert er die physikalischen Eigenschaften besonders dünner Materialschichten. Miura-ori, das sich durch wiederholte Reihen von Parallelogrammen auszeichnet, kann schon alleine die Steifheit eines Blattes Papier massiv verändern. Diese Methode ermöglicht es Wissenschaftern, Metamaterialien mit gewünschten Eigenschaften zu kreieren. Diese spezielle Art des Zickzack-Origami wurde auch verwendet, um Solarpanelen für Weltraummissionen zu verpacken.
Ihre Forschungen werden die Wissenschafter um Itai Cohen von der Cornell-Universität vom 10. bis 13. August beim sechsten Internationalen Meeting für Origami in Wissenschaft, Mathematik und Bildung in Tokio präsentieren.