Zum Hauptinhalt springen

Ortstafel-Volksbefragung als Folge eines freiheitlichen Machtkampfs

Von Wolfgang Zaunbauer

Analysen

Von einer "historischen Einigung" ist dieser Tage im Zusammenhang mit der Ortstafel des Öfteren die Rede. Ob das wirklich zutrifft, wird sich am 30. September zeigen. Bis dahin will Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler die vereinbarten zweisprachigen Ortstafeln aufstellen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Chancen stehen nicht schlecht, dass hier wirklich etwas Historisches passiert, nämlich die Lösung eines seit 1955 - als im Staatsvertrag vom gemischtsprachigen Gebiet die Rede war, ohne dieses genauer zu definieren - ungelösten Problems.

So lobenswert der Einsatz und die Kompromissbereitschaft aller Beteiligten ist, es bleibt ein heikler Punkt: die von den Kärntner Freiheitlichen (FPK) in die Lösung hineinreklamierte Volksbefragung. Nicht nur, dass sie angesichts der ohnehin breiten Zustimmung in allen Lagern völlig unnötig und auch rechtlich bedeutungslos ist; sie könnte - sollte sie nicht die von Landeshauptmann Gerhard Dörfler erhoffte überwältigende Zustimmung bringen - eher schaden, als dem Kompromiss die erhoffte Basis in der Bevölkerung zu verschaffen.

Eine Volksbefragung mit dazugehörender Kampagne sorgt immer für Diskussionen. Eine mögliche Folge wäre eine unnötige Emotionalisierung innerhalb der Bevölkerung, die eigentlich nur noch eine schnelle Lösung des Problems will. Die Folge könnte ein knappes oder gar negatives Ergebnis der Befragung sein.

Großer Verlierer wäre in diesem Fall Landeshauptmann Gerhard Dörfler. Und genau hier liegt wohl der eigentliche Hund begraben. Es geht der FPK-Führung, also den Gebrüdern Scheuch, wohl nicht so sehr um die Ortstafeln, sondern darum, dem Landeshauptmann, der im Zuge der Verhandlungen der vergangenen Monate massiv am Profil gewonnen hat und in der Bevölkerung mittlerweile ein ordentliches Standing genießt, klarzumachen, wer bei den Kärntner Freiheitlichen das Sagen hat - nämlich Parteiobmann Uwe Scheuch.

Dieser ist zuletzt wegen der "Connect"-Affäre um Parteispenden unter Druck geraten. Da passt es gar nicht, wenn eine vermeintliche Marionette plötzlich von selbst tanzt.

Scheuchs Ass im Ärmel ist das nationale Lager, vor allem der Abwehrkämpferbund. Bisher hielt dieser still - aber wehe, wenn sie losgelassen.. . Dann sind die "120 Prozent Zustimmung", mit denen Dörfler rechnet, alles andere als sicher. Ein Schaden für ihn und den Kompromiss.

Andererseits stellt sich die Frage, was denn für Dörfler ein schlechtes Ergebnis wäre. Im Herbst sprachen sich 83 Prozent der Kärntner für eine Lösung aus. Weit darunter sollte es nicht gehen. Das Mindeste wäre wohl eine Zweidrittelmehrheit. Das heißt, Dörfler hat einen gewissen Polster. Dass dagegen die Mobilisierungskraft des Abwehrkämpferbundes ausreicht, darf bezweifelt werden.

Bericht - Seite 10

Alle Beiträge dieser Rubrik unter:

www.wienerzeitung.at/analyse

analyse@wienerzeitung.at