Seit 50 Jahren erregen die zweisprachigen Ortstafeln Kärntens Gemüter. Für heute war die bereits sechste Konsenskonferenz angekündigt, um dort endlich den Bestimmungen des Staatsvertrages von 1955 Genüge zu tun. Allerdings wurde diese gestern auf den Spätherbst verschoben. Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider will bis dahin die Gemeinden und die Bevölkerung gemeinsam mit Slowenenorganisationen, Heimatverbänden und Vertretern der Regierungsparteien informieren.
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Der österreichische Staatsvertrag fordert im Artikel 7 die Aufstellung von zweisprachigen Ortstafeln in gemischtsprachigen Gebieten. Allerdings wurde damals nicht näher ausformuliert, ab welchem slowenischen Bevölkerungsanteil diese aufzustellen sind. Es folgten Jahrzehnte des Streits um die Auslegung. 1972 scheiterten der damalige Landeshauptmann Hans Sima und Bundeskanzler Bruno Kreisky (beide SPÖ) bei dem Versuch, zweisprachige Ortstafeln dort durchzusetzen, wo mindestens 20 Prozent der Bevölkerung slowenisch waren. Es kam zum Aufstand, Sima und Kreisky wurden in der Öffentlichkeit attackiert.
1976 wurde ein Volksgruppengesetz beschlossen, in dem man nun von 25 Prozent Mindestanteil ausging. "Eine Schmalspurlösung", nennt dies der Obmann der Akademie der Wissenschaften, Arnold Suppan, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" : "Schon beim Gesetzesbeschluss hätte man wissen können, dass das verfassungsrechtlich nicht halten wird." Durch eine Klage im Jahr 2000, kippte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) 2001 das Gesetz wegen Verstoßes gegen die Verfassungsbestimmung des Artikels 7. Er schreibt vor, dass in einer Ortschaft mit einem Minderheitsanteil von mehr als 10 Prozent zweisprachige Ortstafeln aufzustellen sind.
"Es gibt somit ein klares Urteil. Und das wird völlig ausgeblendet bei den Gesprächen", meint der Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Falls man sich nicht daran hält, könnte das strafrechtliche Folgen haben. Das Problem dabei: Das Gericht sei nur eine prüfende Kontrollinstanz und habe keine politische Durchsetzungsfähigkeit. Zuständig für das Erlassen von Verordnungen für zweisprachige Ortstafeln ist die jeweilige Bezirkshauptmannschaft und diese ist eine Landesbehörde.
Der Zentralverband der slowenischen Organisationen Kärntens, der Rat der Kärntner Slowenen, die Gemeinschaft der Kärntner Slowenen und der Kärntner Heimatdienst haben sich nun gemeinsam mit dem Historiker Stefan Karner auf einen Kompromissvorschlag geeinigt: 158 Ortstafeln bis 2008. 72 davon stehen bereits, zusätzliche 20 werden bis 26. Oktober aufgestellt. Weitere 66 sollen bis 2008 dazukommen.
Auf eine Zahl will sich Haider nicht festlegen, man müsse auf die Mehrheit Rücksicht nehmen. Gebe es bei den Gesprächen auf Gemeindeebene eine Einigung, dann sei auch die Minderheitenfeststellung nicht mehr notwendig, sagte Haider. Diese war von ihm am Montag gefordert worden. Nicht verzichten will der Landeshauptmann auf eine Streitbeilegungserklärung.
Dazu wäre man auch bereit, meinte Bernhard Sadovnik von der Gemeinschaft der Kärntner Slowenen gegenüber der "Wiener Zeitung" . Voraussetzung wäre allerdings eine Öffnungsklausel, die weitere zusätzliche Ortstafeln ermöglichen würde.
"Natürlich haben sich die Zeiten geändert. Slowenien ist jetzt bei der EU. Doch die Urangst der Kärntner sitzt tief", meint Stefan Petzner, Pressesprecher von Haider. Nicht nur die ältere, auch die jüngere Generation sei gegen weitere Ortstafeln.
"Europa war 150 Jahre lang von dem Bestreben, Nationalstaaten zu gründen, bewegt. Doch jetzt leben wir in einem offenen integrativen Europa. Der Nationalstaat hat sich überlebt", ist der Kärntner Verleger Lojze Wieser überzeugt. Man solle der Jugend in Kärnten lieber vermitteln, dass die slawische Sprache in Europa Tür und Tor öffnet.