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Osama bin Ladens Fahrer vor Gericht

Von Lucile Malandain

Politik
Salim Hamdan. Foto: ap

Erster US-Kriegsverbrecherprozess seit Nürnberg. | Hamdan seit sechs Jahren in Guantanamo in Haft. | Washington. (afp) Das juristische Hin und Her im Vorfeld hat Jahre gedauert, nun startete am Montag der erste US-Kriegsverbrecherprozess seit den Nürnberger Prozessen. Vor einer eigens eingerichteten Militärkommission im Lager Guantanamo auf Kuba wird dem früheren Chauffeur und Bodyguard von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden, dem 37-jährigen Salim Hamdan, der Prozess gemacht.


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Ihm wird Verschwörung und Unterstützung des Terrorismus vorgeworfen, bei einer Verurteilung droht ihm die Todesstrafe. Begleitet wird das Verfahren von Fragen nach der Rechtmäßigkeit der Tribunals und von Hamdans Vorwürfen, er sei in US-Gewahrsam misshandelt worden.

Hamdan sitzt seit sechs Jahren in Guantanamo. Sein Name wurde zum Symbol für den juristischen Kampf gegen die eigens für die Insassen eingerichtete Militärjustiz. Im Juni 2006 erlangte Hamdan einen großen Sieg gegen die Regierung, als das Oberste Gericht in Washington auf Antrag seiner Verteidiger das System der Militärkommissionen für nicht rechtens erklärte. Das Urteil erzwang eine Änderung des Gesetzes, auf dessen Grundlage diese Kommissionen agieren. Kritiker halten sie aber immer noch für verfassungswidrig, weil sie die Rechte der Angeklagten im Vergleich zu ordentlichen Gerichten einschränken.

Die Anklage dürfte versuchen, den Jemeniten Hamdan als wichtigen Handlanger im persönlichen Umfeld Osama bin Ladens darzustellen. Hamdans Verteidigung wird wohl erneut Vorwürfe der Misshandlung zur Sprache bringen. Bei einer Voranhörung in der vergangenen Woche berichtete Hamdan von schmerzhaften Fesselungen und Knebelungen in US-Gewahrsam und von sexuellen Belästigungen durch weibliche Ermittler bei Verhören, die sein muslimisches Sittlichkeitsgefühl verletzt hätten.

Hamdans Verteidiger hatten vergeblich versucht, den Termin des Prozessauftakts hinauszuzögern. Sie hatten sich auf eine neuerliche Entscheidung des Obersten Gerichts vom Juni bezogen, das den Guantanamo-Insassen gegen den erbitterten Widerstand der Regierung von Präsident George W. Bush den Weg zu zivilen US-Gerichten zwecks Prüfung ihrer Haftgründe ebnete. Wie etwa 200 der 260 Insassen stellte Hamdan einen solchen Habeas Corpus-Antrag. Ein Zivilrichter entschied aber am Donnerstag, Hamdans Militärverfahren könne parallel beginnen. Er wies ausdrücklich auf Hamdans Recht hin, nach dem Urteil der Militärkommission Einspruch vor einem Zivilgericht einzulegen.

Urteil könnte schon in zwei Wochen fallen

Bereits seit Monaten laufen in Guantanamo Prozessvorbereitungen inklusive Anklageverlesung gegen mehrere Insassen - unter ihnen Khalid Sheikh Mohammed, der als Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 gilt. Hamdans Verfahren ist das erste, das tatsächlich startet. Ein Urteil könnte bereits in zwei Wochen fallen. Für die Verfahren hat die US-Armee in dem Lager eigens einen Justizkomplex errichtet, das "Camp Justice". Die Angeklagten sitzen in einem Kasten aus Sicherheitsglas. Journalisten sind zugelassen, allerdings kann der Richter die Audioübertragung aus dem Kasten unterbrechen, falls Belange der nationalen Sicherheit zur Sprache kommen.