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Der Verbund-Aufsichtsrat tagt heute, Dienstag. Die Causa Prima ist dabei die Österreichische Stromlösung (ÖSL), die von Verbund-Vorstand Hans Haider bereits tot gesagt wurde. Doch der Umweltdachverband will sich mit derlei Ankündigungen nicht zufrieden geben und die Stromehe zu neuem Leben erwecken. Deshalb präsentiert er vor der Aufsichtsratssitzung eine Umfrage, wonach 86,5% der Bevölkerung die ÖSL befürworten.
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"Die Zustimmung war für uns überraschend hoch. Auf Fragen über Zusammenschlüsse gibt es sonst nie so klare Antworten," erklärt Umfage-Leiter Thomas Winder gegenüber der "Wiener Zeitung" . Der Mitarbeiter des Wiener Marktforschungsunternehmens marketmind wertete 508 Interviews aus. Zuvor musste er den Befragten noch erklären, dass es sich bei der Austro-Stromehe um den Zusammenschluss von Verbund und EnergieAllianz (Wienenergie, EVN, Energie AG, Linz AG und Bewag) handelt. Laut Winder sind "österreichische Lösungen" grundsätzlich positiv besetzt und genießen von daher einen "Heimvorteil".
Der Umweltdachverband jedenfalls bewertet die hohe Zustimmung als Auftrag an Verbund-Vorstand und -Aufsichtsrat. "Ein solches Ergebnis kann nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Der Aufsichtsrat hat die Chance dem Ansinnen von Konzern-Chef Haider eine Absage zu erteilen," fordert Umweltdachverband-Präsident Gerhard Heilingbrunner. Er mahnt Haider, auf den Mehrheitseigentümer des Konzerns zu hören: "Denn immerhin sind Frau und Herr Österreicher mit 51% die größten Aktionäre." Ebenso dringend sei nun auch Wirtschaftsminister Martin Bartenstein als Eigentumsvertreter der Republik gefordert, klare Worte zu finden. Zuletzt hatte sich der Minister für weitere Verhandlungen der zerstrittenen Stromehe-Partner stark gemacht.
Obendrein sprechen sich knapp 93% der Befragten für einen Verbleib der heimischen E-Wirtschaft in österreichischer Hand aus und ebenso viele sind gegen den Zukauf von Atomstrom. 88,6% halten es für wünschenswert, dass heimische Wasserkraft an österreichische Kunden verkauft und nicht ins Ausland exportiert wird.
"Das sind Zahlen, die sich Haider ins Stammbuch schreiben sollte, anstatt damit zu liebäugeln, sich mit den internationalen Großkonzernen zu verbünden", ätzt Heilingbrunner, der das Platzen der Stromehe bereits öfters kritisiert hatte. Schützenhilfe bekommt er von Oberösterreichs SP-Chef Erich Haider. Er sieht die Strompartnerschaft als einzigen Weg für eine "glaubwürdige Anti-Atom-Politik".
Postwendend reagierte der Verbund-Betriebsrat. Dieser spricht sich in einem Offenen Brief gegen die - vor drei Jahren von den Landespolitikern Erwin Pröll (NÖ) und Michael Häupl (Wien) favorisierte - Zwangsehe aus.
Im Zentrum der Befürchtungen steht ein weiterer Aderlass beim Personal nach Zustandekommen der ÖSL. "Der Verbund hat heute nur noch halb so viel Personal wie vor zehn Jahren. Damit ist das Limit beim Abbau erreicht," heißt es in dem Schreiben. Der Betriebsrat glaubt ferner, dass der Verbleib der Wasserkraft in österreichischer Hand nur durch den Alleingang gesichert werden kann. Weiters fordern die Verbund-Mitarbeiter den unbeschränkten Zugang zu den Stromkunden. Dieser ist im Haushaltsbereich bisher den Landesversorgern vorbehalten gewesen. Die Großkunden musste der Verbund, noch vor Umsetzung der Stromlösung, auf Geheiß der EU-Wettbewerbsbehörde an die slowenische Istrabenz abgeben. Außerdem hatte sich der Verbund aus den alternativen Stromanbietern My Electric und Unsere Wasserkraft zurückgezogen. Doch Ende April ließ Verbund-Chef Haider aufhorchen als er sagte, er wolle wieder ins Endkundengeschäft einsteigen - egal ob mit oder ohne ÖSL.
Die Energie Allianz-Partner hoffen nach wie vor auf eine Unterzeichnung des bereits ausgehandelten Ehevertrags und haben daher die zuständigen Landespolitiker um Hilfe gebeten. Der Verbund wird jedoch nur durch weit reichende Zugeständnisse zum Ja-Wort zu verleiten sein.