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Ost-Optimismus für weitere 50 Jahre

Von Andreas Unterberger und Sissi Eigruber

Wirtschaft

Treichl: Die Gewerkschafts-Chefs trieben die Bawag ins Risiko. | Die Politik soll schweigsam werden. | Banken sollen keine Betriebe kaufen. | "Wiener Zeitung": Haben Sie die Bawag mit ihren - wie auch immer finanzierten - Billigangeboten eigentlich als eine unfaire Konkurrenz empfunden? | Andreas Treichl: Die Bawag hat sich geschickt den Ruf eines Billiganbieters erarbeitet - auch wenn sie nicht immer ein Billiganbieter war. Ich glaube aber nicht, dass man irgendeine Form von Konkurrenz als unfair bezeichnen kann.


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Das österreichische Bankwesen ist nun einmal so, wie es ist. Es wird beherrscht von Institutionen, die nicht unter dem Druck der Börse stehen, weil sie andere Eigentümer haben als Aktionäre, die eine Dividende wollen, und folgt daher nicht immer den üblichen Regeln des Kapitals.

Das waren auch lange die Sparkassen . . .

Ja, Sparkassen, Genossenschaften - eigentlich war das gesamte österreichische Bankwesen so. Auch der Staat war nicht wirklich ein Aktionär, der Druck ausgeübt hat, dass eine gewisse Rentabilität erwirtschaftet wird.

Sie sehen ein schiefes Spielfeld für den Wettbewerb der Banken in Österreich?

An diese Unebenheiten muss man sich anpassen - oder kapitulieren. Ich kann nicht sagen: Schafft das ab und alle Banken bekommen so wie wir Aktionäre.

Glauben Sie, dass sich unter einem neuen Eigentümer die Politik der Bawag ändern wird?

Das kommt auf den Eigentümer an.

"Was ist eine Katastrophe?"Die Erste Bank kommt dafür nicht mehr in Frage? Es ist unwahrscheinlich. Wenn es der ausdrückliche Wunsch des Eigentümers ist, werden wir selbstverständlich mit ihm verhandeln. Aber von uns aus werden wir keine Schritte setzen.

Und wenn es der ausdrückliche Wunsch der Wiener Städtischen Versicherung ist?

Wir gehen hier abgestimmt vor.

Wäre es wirklich eine Katastrophe für den Bankplatz Österreich, wenn die Bawag in Insolvenz geriete?

Was ist eine Katastrophe? Ich glaube nicht, dass die österreichische Wirtschaft darunter leiden würde, wenn ein Marktteilnehmer im Finanzsektor ausscheidet. Es ist aber nicht gut für den Finanzdienstsektor, wenn Sparer um ihre Einlagen bangen. Auch wenn sie bis zu 20.000 Euro durch die Einlagensicherung gesichert sind.

Also sollte eine Bank nicht in Konkurs gehen können?

Es stellt sich die Frage: Wie kann es zu einer Marktbereinigung kommen, wenn es eigentlich keine Möglichkeit für einen Finanzdienstleister gibt, in Konkurs zu gehen?

Dann würde ja auch hochriskantes Verhalten am Markt nicht bestraft?

Ich glaube nicht, dass die Spekulationsgeschäfte damit zu tun haben, dass sie sich vor einem Konkurs sicher fühlen.

Was sind sonst die Ursachen, dass die Bawag so hochriskante Geschäfte getätigt hat?

Das hat damit zu tun, dass es für die Bawag auf Grund der Eigentümerstruktur schwer war, angemessene Renditen zu erzielen. Die Gewerkschaftsobersten haben das ja auch so gesagt: Um den Arbeitnehmern zu helfen, zahlen wir ihnen höhere Zinsen auf die Einlagen und geben ihnen billigere Kredite. Daher haben die Institute versucht, durch risikoreiche Geschäfte - von denen sie zum Teil sehr wenig verstanden haben - die mangelnde Ertragsmöglichkeit wieder wettzumachen.

Aber Chefs börsenotierter Banken haben durch die Aktionäre eigentlich noch mehr Druck. Sie müssen ja auch Dividenden erwirtschaften.

Es hängt davon ab, welchen Weg man wählt, um die Rentabilität des eigenen Instituts zu verbessern. Viele österreichische Banken, wie auch die Erste Bank, sind in osteuropäische Märkte gegangen, wo bessere Renditen zu erzielen sind als in Österreich.

Eigentümerstruktur als HauptproblemWie lang wird man in Osteuropa so gut verdienen? Wir sind in einer Aufbauphase mit Produkten und Dienstleistungen, die es dort vorher nicht gegeben hat. So wie sich die Wirtschaft in diesen Ländern an Westeuropa anpassen wird, so werden sich auch die Margen anpassen. Aber die Ertragsmöglichkeiten werden noch langfristig besser sein.

Langfristig heißt die nächsten 15 bis 20 Jahre?

Auch die nächsten 50 Jahre.

Die Margen in Österreich waren auch schon vor 20 und mehr Jahren knapp. Woran liegt es, dass sich da nichts verändert hat?

An der Eigentümerstruktur hat sich nicht wahnsinnig viel geändert. Erste Bank, BA-CA und Raiffeisen International sind börsenotiert, wobei die RI nichts in Österreich macht. Aber die Raiffeisenstruktur, die Volksbanken sind erhalten geblieben, und dann noch die Bawag. Solange es Politiker gibt, die das toll finden, wenn Bankmanager sagen, ich gebe meine Zinsmargen an die Kunden weiter, solange wird sich nicht wahnsinnig viel ändern.

Was könnten die Politiker ändern?

Sie sollten sich ruhig verhalten, das wäre gut. Und nicht eine für das Finanzdienstleistungswesen schädliche Vorgangsweise als super bezeichnen.

Was sind diese schädlichen Vorgangsweisen?

Ich halte es für grundsätzlich schlecht, wenn sich Banken an Unternehmen beteiligen, die nicht zum Bankgeschäft gehören. Österreich hat lange Schaden genommen, weil die Macht der staatlichen Banken durch ihre industriellen Beteiligungen viel zu groß war. Und ich halte es nicht für sehr sinnvoll, wenn das auf Landesebene weiter passiert.

In Ermangelung großer Investoren werden Banken aber immer wieder aufgefordert, sich an Firmen zu beteiligen, damit der Firmensitz in Österreich bleibt.

Ich halte es für wesentlich wichtiger, dass Österreich als Firmenstandort wirklich attraktiv ist, und ich halte die Frage des Kernaktionärs für sekundär. Banken sind da, um Firmen Finanzdiensleistungen anzubieten; sie sind nicht dazu da, um langfristige Kernaktionäre zu sein.

Sie haben 62 Prozent der rumänischen BCR gekauft. Gibt es weitere Expansionspläne?Die Integration der BCR wird voraussichtlich Ende Juli abgeschlossen. Wir haben 62 Prozent an der BCR, die Bank wird sich gut entwickeln, also wird unser Interesse in den nächsten Jahren groß sein, diese Anteile auszuweiten.

Wann werden Sie die restlichen Anteile der BCR übernehmen?

Mit jedem Mal, wo ich mein Interesse an mehr Anteilen kundtue, wird es teurer. Es gibt darüber keine Vereinbarung. Wir sind allerdings verpflichtet, die BCR in den nächsten drei Jahre an der Börse in Bukarest zu notieren. Über das Ausmaß gibt es keine Vereinbarung.

Ursprünglich war der Abschluss des BCR-Erwerbs für Juni geplant gewesen. Warum hat sich das verzögert?

Es sind mit der EU noch Fragen bezüglich rumänischer Staatsgarantien zu klären.

Zur BCR gehört auch eine Tochter in Moldawien. Werden Sie die behalten?

Ja.

Werden Sie auch in andere GUS-Staaten expandieren?

Wir wollen einen kleinen Schritt in die Ukraine machen. Dann haben wir die Expansion abgeschlossen und widmen uns ein paar Jahre der Optimierung.

Bis wann soll der Einstieg in der Ukraine erfolgen?

Innerhalb der nächsten drei Jahre.

Wie kann man dort saubere Hände behalten?

Wir wollen in der Ukraine nur ein paar Prozent Marktanteil haben, um dort Retailgeschäft (Klein- und Mittelkunden) und Wohnbaugeschäft zu machen. Wir sind keine Ölhändler und wir sind nicht im Pipelinegeschäft. Davon verstehen wir nichts und mit diesen Bereichen wollen wir nichts zu tun haben.

Der jüngste Börseknick ist von Analysten auch mit Osteuropa begründet worden. Ist das ein Zeichen für ein Ende des steilen Wachstums?

Nein, aber es ist eine Korrektur nach unten. Ich glaube, wir müssen uns auf einen roten Sommer gefasst machen mit Abschlägen von bis zu 20 Prozent gegenüber den Höchstwerten.

"Diese Präpotenz der Politiker"Warum kommt es jetzt zu dieser Korrektur? Deren Logik ist zu bezweifeln. Die Märkte sind chaotisch. Es gibt Leute, die haben sehr viel verdient und die holen sich jetzt die Liquidität. Aber dann wird die Liquidität wieder in die Märkte hineingehen und die Kurven werden nach oben wandern. Das ist eine Zeitfrage.

Ihr Kommentar zum geplatzten Deal Verbund-OMV?

Es hat mich irritiert, dass das so massiv politisch kommentiert wird und jetzt alle sagen, die Herren Ruttenstorfer (OMV-Chef) und Haider (Verbund-Chef) waren schuld daran.

Diese Präpotenz der Politiker geht mir wahnsinnig auf die Nerven. Alles zu kommentieren und pausenlos Urteile über Manager abzugeben.