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Ost-Wachstum mit Problemen

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Während die Konjunkturaussichten für die USA und Europa eher zu wünschen übrig lassen, dürfte sich der Osten Europas weiterhin über ein solides BIP-Wachstum freuen. Die Chancen werden vom Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW), für heuer und nächstes Jahr mit durchschnittlich 3,5% angesetzt. Doch es gibt große Probleme, so hängt den Reformländern die Arbeitslosigkeit mit durchschnittlich 13,5% (2001) wie ein schwerer Klumpen am Bein. Dieser Schnitt berechnet sich nur aus den offiziellen Arbeitslosenstatistiken, die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen.


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Nach einem Höhenflug der Preise im vergangenen Jahr, konnte die Inflation heuer wieder gedrosselt werden und für nächstes Jahr wird ein weiteres Sinken der Teuerungsrate erwartet. Trotz allem liegt die Inflation mit durchschnittlich 7,5% in den MOEL 5 (Tschechien, Ungarn, Polen, Slowakei und Slowenien) im Vergleich zur EU sehr hoch.

Die Inflationsspitzenreiter sind Rumänien mit 40% und Jugoslawien mit gar 70%. In Rußland und der Ukraine machen die Preissteigerungen im Einzelhandel 20% aus. Doch abseits der Kaufkraftverluste ist die Arbeitslosigkeit das größte Problem, mit dem die EU-Beitrittswerber zu kämpfen haben. "Wir rechnen sogar mit einem weitern Anstieg im kommenden Jahr", prognostiziert WIIW-Chef Peter Havlik. Die Ursachen für die Misere am osteuropäischen Arbeitsmarkt: Arbeitskräfte werden freigesetzt, doch es entstehen nicht genügend neue Jobs. Havlik erwähnt auch, dass die Arbeitslosigkeit ein regionales Problem sei. Je weiter östlich die Region, umso höher die Arbeitslosigkeit. Für Minderheiten ist die Jobsituation oft aussichtslos: Roma wären zu 80% arbeitslos. Auch für die Jugend würde die Lage zunehmend trister. Die Hauptstädte wie Budapest und Prag haben beim BIP-Wachstum die Nase vorn. Doch nicht alle Länder können mithalten. Für Polen wird ein Rückgang von 4 auf 2% erwartet. Havlik begründet dies auch mit dem hohen Zinsen von 16%, die sich auf die Binnennachfragen auswirken. Während die Industrie in Ungarn, Polen und Estland enorme Produktivitätssteigerungen verbuchen könne, liegen andere Branchen am Boden. So seien Lebensmittel-, Textil-, Holz- und Lederindustrie kaum noch wettbewerbsfähig. Auch der Dienstleistungssektor hinke bei der Produktivität nach.

Die geringen Lohnstückkosten, erklärt Havlik, spielen im internationalen Wettbewerb eine wichtige Rolle. Ausländische Investoren nutzen diesen Kostenvorteil gerne. Da die Ostwährungen in letzter Zeit zugelegt hätten, kam es zu Defiziten bei Leistungs- und Handelsbilanz von rund 5%.