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Ost-West-Gefälle wird wieder größer

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

2009 schrumpfte die Wirtschaft in Osteuropa wie in den alten EU-Ländern. | Konsum teilweise kaum vorhanden. | Wien.Die Finanzkrise verpasste wirtschaftlich stabilen Ländern zwar einen schweren Schlag - den Reformländern in Ost- und Südosteuropa riss sie aber den Boden unter den Füßen weg. Denn diese Länder waren zu einem Gutteil abhängig von Exporten in den Westen und von ausländischen Direktinvestitionen (Kapitaltransaktionen an Unternehmen, Kapitalbestände und im Ausland reinvestierte Erträge).


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Dazu kommt, dass vor Ausbruch der Krise in manchen der Länder die Wirtschaft in der Nähe des Zusammenbruchs war - bevor der Abschwung international wurde, platzte im Baltikum etwa schon eine Immobilien- und Kreditblase. "Die Ursachen für den Kollaps in den untersuchten Reformländern sind äußerst unterschiedlich", erklärt Peter Havlik vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) bei der Vorstellung der aktuellen Daten des Instituts. "Allgemein kann man sagen, dass generell weder die EU-Mitgliedschaft noch flexible Wechselkurse die Rezession abfedern konnten."

Aufgrund der Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) "entwickeln sich auch die fiskalpolitschen Positionen in der Region unterschiedlich", betont WIIW-Direktor Michael Landesmann. Der IWF hat neben Ungarn und Lettland auch Rumänien und Serbien Kredite gegeben - im Gegenzug zu harten Vorgaben bezüglich der Budgetpolitik. Die IWF-Schuldner betreiben eine strenge Ausgaben-reduzierende Budgetpolitik: "Wir müssen nun prozyklisch agieren", fasste es vergangene Woche der Chef der ungarischen Notenbank, Andras Simor zusammen. Simor strich aber die Vorteile heraus: Unter dem Druck des IWF könnten lang ausständige Reformen durchgeführt werden.

So sinnvoll Sparprogramme zur Stabilisierung der Finanzmärkte sind, so problematisch sind sie für die Binnennachfrage. Deswegen haben sich 2009 die USA genauso wie die EU für eine antizyklische Budgetpolitik entschieden und ihre Staatsausgaben erhöht - um die Inlandsnachfrage am Leben zu erhalten.

Den Vorteil einer antizyklischen Politik kann man laut den Experten des WIIW an Polen erkennen: Dank des angekurbelten Binnenkonsums ist Polen das einzige Land der neuen EU-Ländern, das 2009 mit 0,8 Prozent ein leichtes Wachstum seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen wird. Im Schnitt sind die neuen EU-Länder allerdings, genauso wie die angestammten EU-15, 2009 um 4 Prozent geschrumpft (siehe Kasten) - und das, obwohl die Region immer als Wachstumsmotor der EU gegolten hat.

Russland kämpfte mit dem Energiepreisverfall

Dass die Gegensteuerung seitens der Wirtschaftspolitik nicht immer funktioniert, zeigt Russland: die gesetzten Maßnahmen waren laut Havlik nicht effektiv, zudem litt das Land unter dem Kollaps der Energiepreise. Russlands Wirtschaft schrumpft 2009 voraussichtlich um 6,4 Prozent. Falls die Energiepreise wieder anziehen wird für 2010 ein Wachstum von 3,8 Prozent prognostiziert.

Auch wenn 2010 eine langsame Erholung in den Ländern Zentral-, Ost- und Südosteuropas einsetzt, werde die Region durch die Krise um einige Jahre zurückgeworfen, der Aufholprozess zu Westeuropa werde noch länger dauern, erklärt das WIIW.

Für 2010 prognostiziert das WIIW den neuen EU-Ländern eine minimale Erholung mit 0,1 Prozent Wachstum. 2011 könnte das Wachstum im Schnitt 2,4 Prozent ausmachen. Wachstumstreiber seien die Nettoexportentwicklung, der Binnenkonsum und die Entwicklung der ausländischen Investitionen.

"Diese Prognosen stehen aber nicht auf sehr festen Beinen", erklärt WIIW-Chef Landesmann selbstkritisch. "Wir Volkswirtschaftler bewegen uns gerade thematisch von 'die Krise verstehen' zu den 'Aufschwung verstehen'."