Zum Hauptinhalt springen

Osteoporose viel besser behandelbar

Von Alexandra Grass

Wissen
Frauen im Alter über 70 sind zwar am häufigsten, aber nicht als einzige von Osteoporose betroffen. Foto: bilderbox

Knochenabbau ist nicht nur eine Erkrankung des Alters. | Denosumab | Nebenwirkungen. | Wien. In den vergangenen Jahren haben sich die Behandlungsmöglichkeiten gegen die Osteoporose wesentlich verbreitert. Doch alle gängigen Therapieoptionen, darunter Östrogene und Bisphosphonate, gehen mit unerwünschten Nebenwirkungen einher.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Einen bereits mehrfach erprobten therapeutischen Ansatz stellt der monoklonale Antikörper Denosumab dar, der den Knochabbau verlangsamt. Bei Frauen mit niedriger Knochendichte konnten bereits nach zwölf Monaten hochsignifikante Anstiege der Dichte an Lendenwirbelsäule, Hüfte und am peripheren Radius gemessen werden, wie Univ.-Prof. Heinrich Resch, Vorstand der II. Medizinischen Abteilung im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, berichtete.

Denosumab kann auch bei mit erhöhter Knochenresorption einher gehenden Erkrankungen wie dem multiplen Myelom oder Knochenmetastasen von Mamma- und Prostatakarzinomen eingesetzt werden. Resch hofft, dass das neue Therapiekonzept bald allgemein angewendet werden kann, er rechnet mit einem Einsatz ab etwa Ende 2008.

Die Entwicklung des Medikaments, das nur zwei Mal jährlich mittels Infusion verabreicht wird, beruht auf einer Entdeckung des österreichischen Biotechnologie-Experten Univ.-Prof. Josef Penninger. Ihm ist es gelungen, diejenigen Gene zu identifizieren, die Schlüsselfunktionen im Auf- und Abbau von Knochenmasse einnehmen.

Wie sich Knochenabbau verhindern lässt

Knochengewebe unterliegt einem kontinuierlichen dynamischen Umbauprozess, der vor allem durch zwei Zelltypen gesteuert wird. Osteoblasten bauen dabei den Knochen auf, Osteoklasten sind für den Abbau zuständig. Ist allerdings das harmonische Zusammenspiel dieser beiden Zelltypen gestört, kommt es zu Erkrankungen wie Osteoporose oder rheumatoider Arthritis. Einen wichtigen Faktor bei der Entwicklung der Osteoklasten bildet ein Gen namens RANKL. Dessen Bindung an den Rezeptor RANK stellt das Signal für die Zelle dar, sich zu einem "knochenfressenden" Osteoklasten zu entwickeln.

Denosumab fängt den Liganden RANKL ab, macht ihn im Blut unschädlich und verhindert so die Reifung von Osteoklasten. Bisher wurde die Substanz weltweit rund 4000 Menschen verabreicht, faktisch ohne Nebenwirkungen.

In der klinischen Praxis bedeutet eine verminderte Knochendichte, dass der Knochen weniger belastbar wird und dadurch leichter bricht, wie Univ.-Prof. Elisabeth Preisinger, Vorstand am Insitut für Physikalische Medizin und Rehabilitation am Krankenhaus Hietzing, erklärt. Ein erhöhtes Frakturrisiko besteht bei Frauen ab 65 und Männern ab 70 Jahren.

In der Universitätsklinik für Unfallchirurgie am AKH Wien wurden im Jahr 2005 insgesamt 1590 Fraktur-Patienten über 70 Jahre ambulant behandelt. 77 Prozent entfielen davon auf Frauen und nur 23 Prozent auf Männer. Im gleichen Zeitraum wurden im stationären Bereich insgesamt 1105 Patienten mit Frakturen über 70 behandelt, 851 Frauen und 254 Männer.

Risikofaktoren für die Osteoporose

Doch ist Osteoporose keineswegs nur eine Erkrankung des Alters. Sie droht auch Menschen, die steroidhaltige Medikamente nehmen (etwa gegen Asthma), Frauen, die hormonell verhüten, oder Patienten mit bestimmten Tumoren. Ebenso kommt es bei Arthritis zu einem lokalen Knochenverlust. Als Risikofaktoren gelten auch erbliche Veranlagung, Stoffwechselstörungen, falsche Ernährung, Nikotin, Alkohol und Bewegungsmangel. Besonders anfällig für Brüche sind Wirbelkörper, Unterarm, Oberarm und Oberschenkel. Weltweit leiden immerhin 200 bis 300 Millionen Menschen an Osteoporose. In Österreich sind es rund 700.000 Betroffene.

Das bislang zuverlässigste und aussagekräftigste Messverfahren zur Bestimmung der Knochendichte ist die DXA-Methode (Dual X-Ray Absorptiometry). Beim dabei ermittelten T-Score handelt es sich um die Abweichung des Messwertes vom Mittelwert der maximalen Knochendichte im frühen Erwachsenenalter. Ein T-Score von +/-1 entspricht dabei dem Normalwert. Von Osteoporose spricht man ab einem T-Score von mehr als -2,5.

Unter der Ägide der Vereinten Nationen, der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Weltbank hat es sich die weltweite Initiative "Bone & Joint Decade" zum Ziel gesetzt, in den Jahren 2000 bis 2010 die Lebensqualität für Menschen, die an Erkrankungen des Bewegungsapparates leiden, zu verbessern.

Schwerwiegend und kostenintensiv

Denn nicht zu unterschätzen sind dabei die gesellschaftspolitischen Folgen dieser Erkrankungen, wie der Bone & Joint Decade-Koordinator, Univ.-Prof. Josef Smolen, Leiter der Klinischen Abteilung für Rheumatologie am AKH Wien, betont. Aufgrund der demographischen Entwicklung und der Zunahme an Menschen hohen Alters wird mit einem starken Anstieg von hüftgelenksnahen Frakturen gerechnet. "Osteoporose stellt innerhalb der EU eine der schwerwiegendsten und kostenintensivsten chronischen Krankheiten dar", erklärte Univ.-Prof. Vilmos Vecsei von der Uniklinik für Unfallchirurgie am AKH Wien.

"Vor allem die neuen Therapieansätze könnten die Zahl von Wirbel- und Oberhalsschenkelbrüchen reduzieren und möglicherweise dazuführen, dass Osteoporose in Zukunft eine geringere Dimension einnehmen wird", schloss Mediziner Resch.