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Österreich bangt um Russlands Gas

Von Karl Leban

Wirtschaft
Kurzfristig sieht die OMV keine Alternativen zu russischem Gas. (im Bild die Gasaufbereitungsanlage Aderklaa in Niederösterreich).
© OMV Aktiengesellschaft

Bei OMV ist sanktionskonforme Lösung nach Rubel-Dekret weiter offen - nächste Zahlung im Mai fällig.


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Es ist ein Bangen und Zittern. Dreht Russland Österreich den Gashahn zu, hat die heimische Wirtschaft mit katastrophalen Szenarien zu rechnen. Wladimir Putins Dekret, das verfügt, dass russisches Gas nur noch gegen Bezahlung in Rubel geliefert wird, sorgt hierzulande jedenfalls weiterhin für große Nervosität. Auch die teilstaatliche OMV weiß diese Nervosität derzeit nicht zu lindern. Ihr ist als Gasimporteur noch immer nicht klar, wie sie mit den von Moskau nun gewünschten Zahlungsbedingungen umgehen soll.

Abgerechnet wird monatlich, die nächste Gasrechnung des russischen Monopolisten Gazprom wird demnach im Mai fällig. Noch ist aber offen, in welcher Form die OMV die Gaslieferungen aus Russland bezahlen wird. Wie Vorstandschef Alfred Stern am Freitag bei der Präsentation der Ergebniszahlen zum ersten Quartal berichtete, habe der Konzern eine Taskforce eingerichtet, die die neuen Zahlungsmodalitäten analysiere und Lösungsvorschläge erarbeite, "die sanktions- und rechtskonform sind".

Bis zuletzt hat die OMV noch gemäß ihrem bestehenden Vertrag mit Gazprom in Euro bezahlt. Einen Medienbericht, wonach die OMV in der Schweiz ein Rubel-Konto bei der Gazprombank eröffnen wolle, dementiert das Wiener Energie- und Chemieunternehmen. "Von diesem Rubel-Konto in der Schweiz habe ich keine Kenntnis", betonte Stern.

"Relativ große Unklarheit" herrscht im Konzern auch darüber, wann das von Putin neu verfügte Zahlungsregime für die OMV gelten soll. "Ich würde davon ausgehen, dass das im Laufe des Mai geschehen soll", sagte Stern in einem virtuellen Pressegespräch. Endgültig sagen könne er das zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht.

Liefervertrag läuft bis 2040

Wie in den vergangenen Wochen vielerorts zu hören war, sehen die von Russland geforderten neuen Konditionen zwar die Möglichkeit vor, Zahlungen bei der Gazprombank wie bisher in Euro vorzunehmen und diese tauscht dann in Rubel um. Putins Rubel-Dekret wäre somit viel Lärm um nichts. Die Frage ist allerdings, ob es mit den kriegsbedingten Sanktionen des Westens gegen Russland konform ist, als Gaskunde grünes Licht dafür zu geben, dass die Gazprombank für ihn aus technischen Gründen ein eigenes Rubel-Konto eröffnet, damit die entgegengenommenen Euro dort in die russische Landeswährung konvertiert werden können. Schließlich will Putin mit seinem Dekret im Zuge des Wirtschaftskrieges mit der EU erreichen, den nach der Invasion in der Ukraine stark gefallenen Rubel-Kurs wieder zu stabilisieren, was ihm inzwischen bereits gelungen ist.

Rechtlich brisant ist auch die Frage, ob Österreich aus dem bis 2040 laufenden Gasliefervertrag mit Russland vorzeitig aussteigen kann. Auf politischer Seite besteht ja die Absicht, die russischen Lieferungen, die an den Gasimporten einen im EU-Vergleich überproportional hohen Anteil von 80 Prozent haben, bis 2027 auf null zurückzufahren und sich so von der starken Abhängigkeit zu befreien. OMV-Chef Stern sagte dazu am Freitag jedoch: "Der Vertrag selbst sieht keine Ausstiegsmöglichkeit vor." Erst Anfang Juni 2018 ist er im Rahmen eines Staatsbesuchs Putins in Österreich verlängert worden.

"Die Möglichkeiten, über Nacht unabhängig von russischem Gas zu werden, sind äußerst begrenzt", bekräftigte Stern einmal mehr. Kurzfristig könne auf diese Lieferungen nicht verzichtet werden, zumal diese Mengen nicht durch Gas aus anderen Quellen zu ersetzen seien. Mittelfristig will die OMV aber über ihren LNG-Terminal in Rotterdam mehr Flüssiggas (LNG) nach Europa bringen, allerdings fehlt es noch an den Pipeline-Kapazitäten. Eine wichtige Rolle bei der Suche nach Alternativen zu russischem Gas spielt auch das Projekt "Neptun Deep" im rumänischen Teil des Schwarzen Meeres. Doch auch hier ist Geduld angesagt, eine Förderung soll erst in fünf Jahren möglich sein.

Derzeit sind die OMV-Gasspeicher laut Stern zu 26 Prozent gefüllt. Im März habe der Konzern begonnen, sie wieder zu befüllen.

Gewinnsprung im Quartal

Vor allem dank der sprunghaft gestiegenen Gaspreise, die die Inflation europaweit kräftig anheizen, hat die OMV im ersten Quartal bei Umsatz und Gewinn deutlich zugelegt (siehe Grafik). So resultierte aus den Erlösen, die um 146 Prozent auf 15,8 Milliarden Euro stiegen, ein um Lagereffekte bereinigter operativer Gewinn, der mit 2,62 Milliarden dreimal so hoch lag wie im gleichen Vorjahresquartal.

Da die OMV ihren Aktivitäten in Russland den Rücken kehrt, fielen jedoch teure Abschreibungen in der Gesamthöhe von rund zwei Milliarden Euro an. Sie betreffen die Finanzbeteiligung an der gestoppten Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 sowie eine Viertel-Beteiligung an dem russischen Gasfeld Juschno Russkoje.