Töchterle fordert Neuorientierung der Nuklearforschung der Union. | Einigung auf Freigabe der Mittel vorläufig gescheitert. | Brüssel. Wenn der neue österreichische Forschungsminister Karlheinz Töchterle am Dienstag zum ersten Treffen mit seinen EU-Kollegen fährt, geht er gleich einmal auf Kollisionskurs.
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Denn auf der Tagesordnung steht die Verlängerung des Euratom-Forschungsprogramms für die Jahre 2012 und 2013. Österreich und Luxemburg wollen die milliardenschweren Förderungen nach dem verheerenden Reaktorunglück in Fukushima nicht einfach mit derselben Prioritätensetzung durchwinken wie bisher. "Mir geht es um eine umfassende Neuorientierung der europäischen Nuklearforschung", sagte Töchterle zur "Wiener Zeitung". Diese müsse vor allem dem Schutz und der Sicherheit der Bevölkerung in Europa dienen.
Gemäß einem Beschluss des österreichischen Ministerrats fordert er eine massive Verstärkung der Sicherheitsforschung. Konkret geht es um jene 118 Millionen Euro, die über zwei Jahre in die weitere Erforschung der Kernspaltung gesteckt werden sollen. Statt für leistungsfähigere Reaktoren sollen sie zu einem möglichst großen Teil für die Verbesserung von Strahlenschutz, medizinische Anwendungen, Risikoforschung, Endlagerung von Atommüll und am liebsten auch gleich die wissenschaftliche Analyse eines Atomausstiegs sowie erneuerbarer Energieträger verwendet werden.
Inhaltliche Gespräche noch nicht begonnen
Wie viel davon auf EU-Ebene durchgesetzt werden kann, ist völlig offen. Bisher hätten die inhaltlichen Verhandlungen noch überhaupt nicht begonnen, sagte ein Diplomat. Erschwerend kommt für Österreich und Luxemburg hinzu, dass 25 Mitgliedsstaaten die von der EU-Kommission vorgeschlagene "Kontinuität" im Euratom-Forschungsprogramm unterstützen. Bloß Irland und Dänemark sollen bisher immerhin Sympathie für den heimischen Standpunkt bekundet haben.
Eine rasche Freigabe der Mittel für 2012 und 2013 wird dennoch nicht erwartet. Weil Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten nötig ist, hat das amtierende Vorsitzland Ungarn die für Dienstag angestrebte Einigung schon aufgegeben und plant nur noch einen Fortschrittsbericht. Für das derzeit am Tisch liegende Kompromisspaket gebe es nicht genügend Unterstützung, so ein Vertreter des Vorsitzes.
Großer Anteil in Fusionsforschung
Bisher sei Österreich bloß mit freundlicheren Formulierungen entgegengekommen worden, hieß es in EU-Kreisen. Den wesentlich größeren Teil der Euratom-Förderungen macht mit einer Milliarde Euro pro Jahr übrigens die Erforschung der Kernfusion aus.