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Österreich braucht ein Pölsterchen

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

IWF empfiehlt Österreich Kürzung von Sozialausgaben, rasche Heta-Abwicklung und schnelle Integration von Flüchtlingen.


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Wien. Österreich gibt zu viel Geld aus - und erreicht damit nur mittelmäßige Ergebnisse, zum Beispiel im Bildungs- und Gesundheitsbereich. So lautet das harte Urteil des Internatonalen Währungsfonds (IWF) in seinem diesjährigen Länderbericht zu Österreich. Deshalb rät der IWF zu Kürzungen bei Pensionen, Bildung und im Gesundheitsbereich. "Die Einsparungen sollten für einen strukturellen Überschuss im Budget genutzt werden", sagte Nikolay Gueorguiev, der für Österreich zuständige IWF-Mission-Chief.

Im seinem 14 Punkte umfassenden Papier rät der Währungsfonds Österreich, ab 2018, spätestens aber ab 2020, durch "effiziente Einsparungen" zu einem Budgetüberschuss von einem halbem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Jahr zu kommen. Dieser sollte so lange beibehalten werden, bis die Staatsschuldenquote auf die von Brüssel vorgeschriebenen 60 Prozent des BIP sinkt. Derzeit beträgt die Staatsschuldenquote 86 Prozent. Ein größerer Polster als die vorgeschlagenen 0,5 Prozent seien laut Gueorguiev nicht notwendig, weil sie das Sozialsystem übermäßig belasten würden.

Zu viel Input fürzu wenig Output

Das größte Einsparungspotenzial ortet der Bericht im Sozialbereich. "Österreich hat im gehobenen OECD-Schnitt die höchsten Ausgaben pro Schüler. Gleichzeitig sind die Ergebnisse bei Pisa-Test oder etwa bei den Noten unterdurchschnittlich", sagte Gueorguiev. Hier gebe es sicherlich Möglichkeiten, um effizienter zu wirtschaften und das Ersparte wiederum in die Qualität der Sekundarbildung zu investieren.

Im Gesundheitswesen solle die Zahl der Ärzte pro 1000 Einwohner gesenkt werden und Patienten weg von den teuren Spitälern in Richtung ambulanter Einrichtungen verlagert werden. Und auch bei den "durchaus sehr großzügigen Pensionen" gebe es im Vergleich zu anderen Industrieländern Aufholbedarf.

Derzeit ist die Anhebung des Frauenpensionsantrittsalters für 2024 geplant. Laut IWF sollte das schon früher geschehen. Damit würde auch die Einkommensungleichheit zwischen Männern und Frauen ein Stück weit gesenkt werden. Der IWF rechnet zudem vor, dass eine Angleichung des allgemeinen Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung Einsparungen von einem Prozentpunkt des BIP bringen würde.

Solche Reformen würden, wie Gueorguiev meint, auch einen Polster für weitere Senkungen im Steuerbereich schaffen. "Österreich hat eine sehr hohe Abgabenquote. Die geplante Steuerreform ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber es ist mehr möglich", sagte der Länder-Verantwortliche für Österreich. Kritisch äußert sich der IWF mit Sitz in Washington zu den "relativ niedrigen" Eigenkapitalquoten der heimischen Banken. Diese seien seit der Krise 2009 zwar erheblich gesteigert worden, liegen aber weiterhin unter dem Schnitt anderer europäischer Großbanken. Angesichts des Engagements im "lukrativen", aber auch "risikoreichen" Zentral- und Osteuropa sollte die Politik hier höhre Kapitalquoten fordern.

Heta-Abbau birgtUnsicherheiten

Das Sorgenkind im Bankensektor bleibt auch heuer die Bad Bank Heta. Der Bericht lobt zwar die Fortschritte des vergangenen Jahres. So hat das Finanzministerium ein Moratorium verhängt und Kärnten verhandelt einen Schuldenschnitt mit den Hypo-Anleihegläubigern. Die Vorgehensweise werfe allerdings die Frage auf, wie glaubwürdig versprochene Garantien seien, wenn im Nachhinein Verträge einseitig geändert würden. Das wiederum könnte die Finanzierung für andere Banken teurer machen.

Lob gab es für den Umbau des Volksbankensektors. Was die entstandenen Risiken rund um die Schweizer-Franken-Kredite angeht, empfiehlt der IWF diese beispielsweise in Euro-Kredite zu konvertieren. Durch die Entscheidung der Schweizer Nationalbank, den Franken vom Euro zu lösen, war ja der Wechselkurs Anfang des Jahres explodiert und hatte Kredite in dieser Währung auf einen Schlag empfindlich teurer gemacht.

Und auch das Flüchtlingsthema findet sich im Empfehlungsbericht wieder. Um die sozialen Kosten der Flüchtlingskrise gering zu halten, ermutigt der IWF zu einer raschen Integration der Schutzsuchenden am Arbeitsmarkt. Heuer werden hierzulande mehr als 85.000 Asylsuchende erwartet, 2016 sollen es nicht weniger sein. So sollen Asylwerber schon während des Verfahrens arbeiten dürfen. Diesen Punkt lehnt die Regierung allerdings strikt ab.

Außerdem heißt es weiter im Bericht: "Niedriglohnarbeit sollte jedenfalls attraktiver werden als das Beziehen von Sozialleistungen." Dazu gehört laut IWF auch das Schaffen von leistbarem Wohnraum, auch in Besserverdiener-Gegenden. Gelingt es dem Staat, Flüchtlinge möglichst schnell in Beschäftigung zu bringen, rechnet der IWF mit einem zusätzlichen BIP-Wachstum von einem Viertelprozentpunkt bis 2020. Um den gleichen Betrag sollen auch die öffentlichen Ausgaben für Soziales und Pensionen sinken. Für 2016 rechnet der IWF mit einem Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent des BIP in Österreich.