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Die Ergebnisse der internationalen OECD-Studie "Education at a Glance" wurden in Wien präsentiert.
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Wien. Im Streit um eine höhere Unterrichtsverpflichtung im geplanten neuen Lehrerdienstrecht hat die Regierung nun indirekt Verstärkung durch die OECD bekommen. Hat doch die aktuelle Studie "Education at a Glance 2013" (Bildung auf einen Blick) ergeben, dass Österreichs Lehrer im internationalen Vergleich weniger unterrichten, sich um weniger Schüler kümmern müssen - und dabei besser verdienen. Ganz so einfach ist die Rechnung laut Bildungsexperte Stefan Hopmann allerdings nicht. "Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen", sagt er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", "die Berechnung der Unterrichtszeiten ist in den einzelnen Ländern komplett unterschiedlich." Die Studienergebnisse müssten daher differenziert betrachtet und relativiert werden.
Für Unterrichtsministerin Claudia Schmied sind sie indes "einmal mehr ein Beleg", dass am Regierungsvorschlag zum neuen Lehrerdienstrecht nichts geändert werden muss, wie sie am Dienstag betonte: Dieser sieht unter anderem vor, die Unterrichtsverpflichtung von derzeit 20 bis 22 auf 24 Stunden anzuheben; Vizekanzler Michael Spindelegger plädierte gar für eine 26-stündige Anwesenheitspflicht - die Gewerkschaft ist dagegen.
Blickt man auf die blanken Zahlen der OECD-Studie, ist man freilich versucht, in das Lehrer-Bashing miteinzustimmen: Demnach unterrichten Österreichs Pädagogen in der Volksschule um 11 Stunden, im Sekundarbereich I um 102 und im Sekundarbereich II um 75 Stunden pro Jahr weniger als der OECD-Schnitt. Beim Einkommen sind sie dafür zu jedem Zeitpunkt ihrer Karriere und in allen Schultypen bessergestellt. Vor allem das Jahres-Endgehalt der Lehrer im Sekundarbereich II liegt um rund 17.000 US-Dollar (entspricht etwa 13.000 Euro) pro Jahr über dem OECD-Schnitt von 50.000 US-Dollar (38.000 Euro).
"Die OECD bedient sich dabei an den Eigendaten der Länder, was das Ergebnis verfälscht", lenkt Hopmann ein. Denn während Österreich die reinen Netto-Unterrichtszeiten angibt, sei es in anderen Ländern Usus, Pausen oder die Zeit für Verbesserungen in die Berechnungen miteinzubeziehen. Tatsächlich hat die Studie ebenfalls ergeben, dass Österreichs Pflichtschullehrer mehr Zeit mit unterrichtsfernen Tätigkeiten wie Bürokratie und Schulsozialarbeit verbringen als der OECD-Durchschnitt.
Administration statt Unterricht

Österreichs Lehrer scheinen daher nur auf den ersten Blick faul und überbezahlt, so Hopmann, der auch gleich eine Lösung parat hat: eine funktionale Arbeitsteilung zwischen Akademikern und Nicht-Akademikern im Schulbereich. "In Österreich kommt auf 23 Lehrer eine administrative Arbeitskraft - in Norwegen ist das Verhältnis sieben zu eins", sagt er. Der Großteil der Industrienationen - außer Österreich - hätte bereits in den 80er Jahren damit begonnen, einen Teil der Pausen- oder Landschulwochen-Aufsicht auszulagern und an Nicht-Lehrkräfte zu übergeben. Denn: "Es gibt genug Aufgaben, für die man keine voll bezahlte Lehrkraft braucht, die viele Semester lang studiert hat." Gleichzeitig würden auf diesem Weg Lehrerkapazitäten fürs Unterrichten frei. Der Vorschlag der Regierung, Einkommensunterschiede zwischen Pflicht- und Bundesschullehrern durch eine gleichwertige Ausbildung anzugleichen, sei dadurch gerechtfertigt - Spindeleggers Anwesenheitspflicht hingegen "genau der falsche Weg".
Hohe Bildung, hohe Bildungsausgaben
Auch der grüne Bildungssprecher Harald Walser forderte in einer ersten Reaktion auf die Studie eine administrative Entlastung der Lehrer und Entbürokratisierung des Schulsystems. Er kann sich Psychologen, Sozialarbeiter und Logopäden als fixe Arbeitskräfte einer Schule zur Unterstützung der Lehrer vorstellen.
Was den Bildungsstandard der Österreicher betrifft, so ist dieser laut Studie grundsätzlich hoch und über dem Durchschnitt. Auch die jährlichen Ausgaben pro Schüler respektive Student liegen mit rund 12.500 US-Dollar (9500 Euro) weit über dem OECD-Schnitt von 9300 US-Dollar (7100 Euro). Nur 19 Prozent der Österreicher im Alter von 25 bis 64 Jahren verfügen allerdings über einen Hochschulabschluss - in der OECD sind es 32 Prozent. Bedenklich? "Nein", so Hopmann, "auch hier muss relativiert werden." In den meisten anderen Ländern schließt man nämlich Berufsschulen mit einem akademischen Titel ab, was in Österreich nicht der Fall ist - und das Ergebnis verfälscht.