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Österreich ein Paradies für Geldwäscher?

Von Josef Siska

Wirtschaft

Seit Jahren sieht sich Österreich, wie auch andere Staaten, die über ein im Vergleich zu anderen Ländern strenges, strafrechtlich geschütztes Bankgeheimnis¹ verfügen, einer internationalen | kritischen Prüfung hinsichtlich seiner Bemühungen, die Geldwäscherei zu bekämpfen, gegenüber². Auch mit Behauptungen wie "Österreich ist ein Zentrum international betriebener Geldwäscherei"³, | "Österreich saugt Schwarzgeld wie ein Schwamm an, wobei alle lokalen Möglichkeiten genützt werden"4 und "Österreich ist ein echtes Paradies für Geldwäscher"5 wurde | nicht gespart.


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Geldwäscherei ist, kriminologisch definiert, ein dreistufiger dynamischer Prozeß, der die Existenz und den kriminellen Ursprung von Einkünften oder deren Verwendung zu illegalen Zwecken

verbergen soll, sodaß der Anschein erweckt wird, daß es sich um redlich erworbene Einkünfte handelt. Geldwäscherei ist mit der organisierten Kriminalität eng verbunden, denn ohne Geldwäscherei können

kriminelle Vereinigungen nicht ihre Milliardengewinne vor dem Zugriff der Justizbehörden schützen, andererseits machen erst die riesigen kriminell erwirtschafteten Vermögen erst den aufwendigen

Prozeß der Geldwäscherei sinnvoll.

Versucht man die illegalen, einer Geldwäsche zu unterziehenden Gelder zu quantifizieren, so stehen an erster Stelle die Erlöse aus Drogengeschäften. International entfallen 9% des Welthandels

auf den Drogenhandel, welcher somit ebenso hohe Umsätze aufweist, wie die Autoindustrie weltweit. Die Umsätze aus dem Drogenhandel liegen auch um ein Drittel höher als die Umsätze der

Mineralölwirtschaft, oder anders gesagt, sie liegen zwischen 600 Mrd. und 800 Mrd. Dollar jährlich. 48 Mrd. Dollar entfallen hievon auf Westeuropa. Der Anteil davon, der sich in Österreich

befindet, wird in Bankkreisen auf etwa 20 Mrd. Schilling geschätzt, wovon der überwiegende Großteil auf den Bankplatz Wien entfällt. Andere Schätzungen, die höhere Beträge nennen, stützen sich auf

den Transfer von Schwarzgeld, insbesondere aus dem osteuropäischen Raum.

Österreich hat entschiedene Schritte zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäscherei gesetzt, beginnend mit der Einführung der strafrechtlichen Tatbestände der Geldwäscherei (§ 165 StGB) un der

organisationsbezogenen Geldwäscherei (278a StGB) durch die Strafgesetznovelle 1993. Das Bankwesengesetz hat beginnend mit dem 1.1.1994 die Kredit- und Finanzinstitute durch besondere Sorgfalts- und

Anzeigepflichten (§§ 39, 40 und 41 BWG) in die Bekämpfung der Geldwäscherei eingebunden. Gleichzeitig wurde durch Verordnung aufgrund § 6 des Sicherheitspolizeigesetzes mit der EDOK (der

Einsatzgruppe zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität beim Bundesministerium für Inneres) eine schlagkräftige Einheit und kompetenter Ansprechpartner für die Banken geschaffen. Die

Schwierigkeiten der Bekämpfung der Geldwäscherei werden in der Diskrepanz zwischen den bei der EDOK einlangenden Verdachtsmeldungen und den folgenden Verurteilungen deutlich. Denn die Geldwäscherei

ist typischer Weise international organisiert und nützt bewußt die institutionellen Hürden der internationalen Rechtshilfe und der unterschiedlichen Rechtssysteme.

Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1996 (11) wurden schließlich auch effiziente Bestimmungen zur Konfiskation kriminell erzielter Vermögenswerte in Österreich erlassen und auch die Beweisführung bei

der Abschöpfung der illegalen Bereicherung erleichtert.

(Wird fortgesetzt).

Josef Siska ist langjähriger Leiter der Referate zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Kapitalverbrechen, Vorstand-Stellvertreter des Wiener Sicherheitsbüros, nunmehr Stadt

hauptmann, Sicherheitsberater großer Unternehmen des Finanzsektors, des Handels und der Energieversorgung, und Autor des unlängst im Linde Verlag Wien erschienenen Werkes "Die Geldwäscherei

und ihre Bekämpfung in Österreich, Deutschland und der Schweiz".

¹ Österreich: §§ 38, 101 des Bankwesengesetzes (BWG · BGBl 1993/532, zuletzt novelliert durch BGBl Nr. 153/1998); Schweiz: Art 47 des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen (SR 952,0) in

der Fassung des schw. Bundesgesetzes v. 11.3.1971, SR 952.001); in Deutschland ist die Verletzung des Bankgeheimnisses zivilrechtlich sanktioniert.

² zum Beispiel durch die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF), eine Expertenrunde, die im Juli 1989 in Paris gegründet wurde und der inzwischen schon alle OECD-Staaten, somit auch

Österreich, angehören. Sie hat 40 Empfehlungen zur Bekämpfung der Geldwäscherei erarbeitet und jedes Mitgliedsland wird hinsichtlich deren Einhaltung überprüft (sogenanntes mutual assessment).

Österreich wurde wiederholt, zuletzt im Februar 1999, wegen seiner Zulassung anonymer Sparkonten (Sparbücher) gerügt und mit administrativem Einschränkungen im internationalen Zahlungsverkehr

bedroht.

³ Der Senator des italienischen Parlaments Maurizio Calvi, 1993

4 Univ.Prof. Luciano Violante, Präsident der Anti-Mafia-Kommission des italienischen Parlaments, April 1993 und noch schärfer im Oktober 1995: "Bei uns morden sie, bei euch (gemeint

war Österreich) investieren sie".

5 Salvatore Guglielmino. Leiter der italienischen Europol in "Il Mondo" am 12.7.1997