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Österreich ermöglicht Strafzölle auf Lederschuhe

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Schuh-Fachverband attackiert Mitterlehner: "Wurden trotz gegenteiliger Zusage geopfert." | Brüssel. Die EU wird beschließen, umstrittene Strafzölle auf Lederschuhe aus China und Vietnam um weitere 15 Monate zu verlängern. Möglich gemacht hat das die Stimmenthaltung Österreichs, Deutschlands und Maltas.


Anders als noch vor zwei Wochen haben die drei Länder nicht mehr dagegen gestimmt und so eine Ablehnung verhindert. Formell treffen die EU-Wirtschaftsminister die Entscheidung am 22. Dezember.

Damit erlebt die heimische Schuhbranche ein schmerzliches Déjà-vu. "Wir sind zutiefst enttäuscht und verärgert. Das ist skandalös", sagt Joseph Lorenz, Obmann des Fachverbands Schuhindustrie, zur "Wiener Zeitung". Bis zuletzt habe er eine persönliche Zusage von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner gehabt, die Fortführung der Strafzölle zu verhindern. "Völlig überraschend wurden wir geopfert." Weil Österreichs Schuhproduzenten lohnintensive Arbeiten nach Fernost ausgelagert haben, müssen sie für die Einfuhr ihrer Produkte Strafzölle zahlen. Zehn bis 15 Mio. Euro habe das die heimische Schuhindustrie schon gekostet, sagt Lorenz.

Auch bei der Einführung der Zölle vor gut drei Jahren war Österreich - ebenso wie Zypern - im letzten Moment gekippt. "Schon einmal hat uns (der frühere Wirtschaftsminister Martin, Anm.) Bartenstein verkauft", wettert Lorenz.

Berlusconi intervenierte

Damals wie heute dürfte massives Lobbying der Italiener den Ausschlag gegeben haben, die das größte Interesse an den Strafabgaben haben, weil sie ihre Vorproduktion noch nicht ausgelagert haben.

Mitterlehner machte ein Geheimnis aus dem Grund für seinen Schwenk: "Wir haben weitere Gespräche in den letzten Tagen geführt", meinte seine Sprecherin. Mit wem, könne sie nicht sagen. Unter der Hand war zu erfahren, dass der italienische Premier Silvio Berlusconi persönlich bei Bundeskanzler Werner Faymann interveniert haben soll, wie schon der damalige Regierungschef Romano Prodi vor drei Jahren beim früheren Kanzler Wolfgang Schüssel. Rom hat offenbar damit gedroht, künftige Schutzzölle, die im Interesse Österreichs wären, zu blockieren. Darauf habe auch die EU-Kommission das Wirtschaftsministerium hingewiesen, hieß es. Die zuständige Außenhandelskommissarin ist seit Dienstag übrigens Benita Ferrero-Waldner.

Die österreichische Schuhindustrie stelle sich der Globalisierung und werde dafür fallen gelassen, ärgert sich Lorenz. Wenn das moderne Europa neuerdings scheinbar per Erpressung funktioniere, dann sei die EU-Wirtschaftspolitik zum Scheitern verurteilt.

China protestiert

Auch China ist über die Entscheidung der EU verärgert und droht nun mit dem Gang vor die Welthandelsorganisation (WTO). "Wir werden sicher protestieren", kündigte ein Vertreter des chinesischen Handelsministeriums am Donnerstag an. "Dieses Mal ist die EU zu weit gegangen", so der Sprecher.