Zum Hauptinhalt springen

Österreich erspart Großanlegern Hypo-Verluste

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Hypo-Anleihen über 17 Milliarden Euro am Markt, die nun die Republik zahlt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Die positive Nachricht zuerst: Private Gläubiger der Hypo Alpe Adria müssen keinen Verlust mehr fürchten. Nun die schlechte: Das übernimmt der heimische Steuerzahler. Die Hypo hat Anleihen noch im Ausmaß von zirka 17 Milliarden Euro am Markt, die bis 2017 fällig werden. Wen rettet die Republik mit der getroffenen "Anstaltslösung" für die Hypo nun? "Anleihen mit Landeshaftungen sind ein eher risikoarmes Geschäft mit durchschnittlicher Verzinsung", erklärt ein Banker. "Also nicht unbedingt etwas für Hedgefonds."

Sie bekommen nun bei Fälligkeit das Kapital zur Gänze zurück. "Sobald diese staatliche Anstalt gegründet ist, wird kein Gläubiger auf einen Cent verzichten, er hat ja nun eine Staatsgarantie, das ist besser als eine Landeshaftung", sagte ein Anleihehändler einer österreichischen Bank.

Die Hypo-Gläubiger sollen - so heimische Finanzkreise - Großanleger sein, die ein gewisses Sicherheitsinteresse aufweisen. Dazu zählen große Versicherungen, Pensionskassen und auch Landesbanken. Das deckt sich mit den bekannten Zielländern der Käufer: Der Großteil soll in Deutschland, Italien und der Schweiz liegen. In der Schweiz befinden sich große Versicherungskonzerne. Und in Deutschland Landesbanken, wie etwa die Bayerische Landesbank (BayernLB) - bis 2009 Eigentümer der Hypo Alpe Adria.

Uniqa, Volksbank, Erste besitzen Hypo-Anleihen

In Österreich befinden sich kaum Hypo-Anleihen. Recherchen der "Wiener Zeitung" haben ergeben, dass die Erste Bank weniger als drei Millionen Euro in den Büchern hat. Auch die Uniqa bestätigt, über Hypo-Anleihen zu verfügen, und auch die (ebenfalls marode) Volksbanken AG hat welche gekauft, allerdings in geringem Umfang. Die Uniqa wollte zur Höhe des Engagements nichts sagen. Von anderen Landeshypos war dazu nichts zu erfahren. Auch die Nationalbank beteuert, die genaue Verteilung nicht zu kennen - der freie Kapitalverkehr in Europa mache eine solche Dokumentation schwierig. Ein paar Millionen dieser Anleihen liegen auch bei der Europäischen Zentralbank, die von der Hypo Alpe Adria selbst als Kredit-Sicherheit hinterlegt worden waren.

BayernLB hat Anleihen ihrer Ex-Tochter...

Im Umfeld der Hypo wird der "Wiener Zeitung" allerdings bestätigt, dass die BayernLB einer der Anleihegläubiger ist. Es werden aber wegen des laufenden Rechtsstreits zwischen Hypo und Bayerischer Landesbank keine Zinsen dafür bezahlt.

Was den Bayern im Moment egal sein kann, denn die überraschende Einigung der Regierungsspitze, das Hypo-Risiko vollständig zu übernehmen und in den kommenden Jahren möglichst budgetschonend zu verkaufen, birgt ein großes Risiko: Im Notverstaatlichungsvertrag vom Dezember 2009 findet sich der Passus, dass der Kapitaleinsatz der BayernLB (derzeit 2,3 Milliarden Euro) solange aufrecht bleibt, wie die Bank in der Krise steckt.

...kann aber von "Anstalt" Milliarden verlangen

Durch die nunmehrige Entscheidung, die Bank aufzulösen und in eine staatliche Abbaugesellschaft einzubringen, dürften die Bayern einwenden, dass damit die Krise der Bank ausgestanden sei - und das Geld zurückverlangen. Juristen sehen das als ernstes Problem. Ist das Geld einmal weg, wird es für die Republik Österreich schwierig, Bayern zu einer Teilnahme an den Hypo-Kosten zu motivieren. "Das wird wohl der nächste Rechtsstreit", ist aus Aufsichtskreisen zu hören. Ein Gespräch mit den Bayern auf politischer Ebene gab es bisher nicht.

Danninger: "Anstalt so schnell wie möglich"

Die Opposition setzte am Dienstag ihre Attacken auf die Regierung wegen der Hypo fort (siehe Artikel unten). Der endgültige Verlust für die öffentliche Hand wird immerhin auf etwa zehn Milliarden Euro geschätzt.

Regierungserklärung statt Sonder-Sitzung

Die geforderte Sondersitzung im Nationalrat wird es aber nicht geben, Bundeskanzler und Finanzminister wollen Ende Februar im Parlament eine Erklärung zur Hypo abgeben, verlauteten die Klubobleute von SPÖ und ÖVP. Finanz-Staatssekretär Jochen Danninger wollte in Linz auch nichts Konkretes zur beschlossenen Lösung sagen, außer dass sie "so schnell wie möglich" kommen solle. Kritik an der Regierung wies Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer zurück. "Ein Bundesland im Süden hat das zu verantworten. Man soll auf die Brandstifter schimpfen und nicht auf die Feuerwehr."

Balkan-Netzwerk wird aufgepäppelt . . .

Wie es nun weitergeht, ist indes noch nicht ganz klar. Hinter vorgehaltener Hand wird bestätigt, dass jene sechs Milliarden Euro, die in der Hypo werthaltig sind, gemeinsam mit den Balkan-Tochterbanken in einer SEE-Finanzholding bleiben. Auch die gehört dem Staat und ist weiterhin eine Bank. Bis Ende 2015 muss sie verkauft werden (eine EU-Auflage), das Netzwerk ist in Kroatien, Slowenien, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro vertreten. Kroatien und Slowenien sind dabei die stärksten Banken, in Montenegro geht es um ein Kreditvolumen von 200 Millionen Euro.

. . . und zusätzliche Schulden werden im Budget abladen

Angesichts der Schuldenlast, die der Republik damit aufgebürdet wird, ein Klacks, doch auch in diesem Osteuropa-Netzwerk schlummert Gefahr. "Es werden nicht alle Banken dort verkäuflich sein", sagte der Investmentbankchef einer großen Bank. "Schwierig ist die Lage in Kroatien und Slowenien, beide Länder befinden sich in Rezession, die Zahl der notleidenden Kredite steigt dort. Und wie es in Bosnien weitergeht, weiß niemand." Die Hypo hat in diesen drei Ländern aber 75 Prozent ihres Ost-Geschäfts konzentriert.

Die Bilanzsumme dieser Banken liegt bei knapp neun Milliarden Euro. Wenn beispielsweise drei Milliarden davon nicht verkäuflich sind, würden sie 2015 in die "Anstalt" wandern - und damit in diesem Jahr zusätzlich in die Staatsschulden, die heuer um 13 Milliarden Euro klettern (siehe Artikel rechts).

Eigenmittel wandern in die Verlustabdeckung

Klar ist immerhin eines: Die knapp drei Milliarden Euro Eigenmittel der Hypo werden nach ihrer Auflösung im Frühjahr als Kapitalpuffer, manche sagen Spielgeld, großteils in die staatliche Anstalt einbezahlt. Damit werden die Verluste abgedeckt, solange es halt geht. Ein Teil des Kapitals muss aber in der Südosteuropa-Holding bleiben, da diese nach wie vor als Bank bestehen bleibt und Mindestvorschriften zu erfüllen hat. Die Rede ist von etwa einer Milliarde Euro.

Wie viel das Hypo-Desaster am Ende gekostet haben wird, trauen sich die Ratingagenturen nicht einzuschätzen. Es werde auf die Bonitätseinschätzung der Republik keinen Einfluss haben, war von Standard & Poor’s zu hören. Fitch dürfte das "AAA" für Österreich sogar bestätigen, ist aus Regierungskreisen zu hören.

EU muss zustimmen, Staunen in Brüssel

"Es kommt nun darauf an, diese Abwicklungslösung der Hypo professionell aufzusetzen", ist von Bankchefs zu hören. "Das muss die Regierung organisieren." Dass es nichts mit der Bankenbeteiligung wird, lag vor allem daran, dass alle vorliegenden Varianten auf die Staatsschuld durchgeschlagen hätten. Den Banken war dies bewusst, doch sie kannten die Überlegungen des Finanzministeriums nicht.

Ebenso ausständig ist das Gespräch mit der EU-Kommission, die dem "Anstalts-Modell" zustimmen muss. In Brüssel ruft der Name "Hypo" mittlerweile helle Aufregung hervor - und Kopfschütteln über Österreichs bisherige Vorgangsweise.