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Österreich gibt grünes Licht für Euro-Rettungsschirm

Von Brigitte Pechar

Politik

Grüne stimmen für ESM, aber ziehen gegen Fiskalpakt vor das Höchstgericht.


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Wien. Ginge es nach Österreich, müsste der Start des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) nicht verschoben werden. Bereits am Montag hat sich die Regierung mit den Grünen darüber verständigt und so deren Zusicherung für die nötige Zweidrittelmehrheit für die Begleitgesetze gesichert. Klargemacht wurden die Voraussetzungen im Anschluss in zwei Ausschüssen: im Verfassungs- und im Budgetausschuss. SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittman lobte die hohe staatspolitische Verantwortung der drei Fraktionen: Man sichere dadurch "bis zu einer Million Arbeitsplätze in Österreich, die vom Euro abhängig sind".

Schon am Mittwoch wird der ESM im Nationalrat mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossen. Auch der Fiskalpakt, für den laut Regierung eine einfache Mehrheit im Nationalrat ausreicht - was die Grünen bestreiten -, steht am Mittwoch zum Beschluss. Am Freitag wird der Bundesrat dafür zu einer Sondersitzung einberufen, um das Gesetzeswerk rechtzeitig auf Schiene zu bringen. Dann fehlt nur noch die Unterschrift von Bundespräsident Heinz Fischer. Wie lange dieser die Rechtmäßigkeit der Gesetzwerdung prüfen wird, ist noch unsicher.

Österreich haftet mit

38,9 Milliarden Euro

Österreich wird im Rahmen des ESM mit 19,5 Milliarden Euro - 2,2 Milliarden davon sind direkte Kapitaleinschüsse, 17,3 Milliarden sind Kapitalzusagen - haften, zusätzlich zu den 21,6 Milliarden Euro an Zusagen, die für den provisorischen Rettungsschirm EFSF abgegeben wurden.

Die Grünen hatten für ihre Zustimmung Bedingungen gestellt. Die erste Bedingung war, dass sich die Regierung für eine europäische Transaktionssteuer einsetzt. Dieser ist man mit dem vergangenen EU-Gipfel ein deutliches Stück näher gerückt: Bis Ende 2012 sollte die Finanztransaktionssteuer Realität werden.

Die zweite Forderung war, dass sich die österreichische Regierung auf europäischer Ebene für eine Änderung der EU-Verträge auf dem Weg eines Konvents starkmacht. Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger haben sich bereits öffentlich - zur Überraschung der übrigen europäischen Staaten - dafür starkgemacht. Tatsächlich bewegen sich viele Abkommen und Verträge im Zuge der Finanzkrise außerhalb des europäischen Rechtsrahmens. Ein Konvent könnte da Abhilfe schaffen und die enge finanzpolitische Zusammenarbeit durch ein echtes Regelwerk absichern, das auch demokratisch legitimiert wird.

Am Ende eines Konvents, der nach den Wünschen von Grünen-Vizeklubobmann Werner Kogler schon 2013 tagen soll, wird das Regelwerk vermutlich einer Volksabstimmung unterzogen werden müssen. Den Grünen wäre eine europäische Volksabstimmung darüber lieber, aber aus rechtlichen Gründen ist eine solche jedenfalls auf nationaler Ebene notwendig, gestand Kogler ein.

Rechte des Nationalrats entscheidend verbessert

Außerdem haben die Grünen spezielle Mitwirkungsrechte des Nationalrats erkämpft: In einem Begleitgesetz zum ESM werden zwei Unterausschüsse eingesetzt, die der Finanzministerin mit einfacher Mehrheit die Ermächtigung für den Beschluss wesentlicher ESM-Entscheidungen erteilen können. Einer der beiden Ausschüsse soll vertraulich tagen, der andere als Unterausschuss des Budgetausschusses jederzeit einberufen werden können. "Österreich hat damit die weitestgehenden Rechte des Nationalrats", zeigte sich Grünen-Chefin Eva Glawischnig zufrieden.

Eine weitere Gesetzesänderung, für die die Grünen die Zweidrittelmehrheit liefern, ist die Erweiterung des EU-Grundlagenvertrags, der eigentlich die Haftung von Mitgliedsländern für die Schulden anderer Länder ausschließt. Die "No Bail-out"-Klausel bleibt bestehen, sie wird aber durch einen Absatz ergänzt, der besagt, dass eine Hilfe über einen eigenen Stabilitätsmechanismus sehr wohl möglich ist.

Glawischnig zeigte sich auch erfreut darüber, dass über ein Banken-Insolvenzrecht einmal geredet und ein solches in Auftrag gegeben wird. Damit soll sichergestellt werden, dass auch Banken in Insolvenz gehen können.

Finanzministerin Maria Fekter, unterstützt jedenfalls neuerdings auch die Idee eines Konvents. Denn das künftige Banken-Insolvenzrecht und der Fiskalpakt erforderten Änderungen des Lissabon-Vertrags, "die intensiv diskutiert gehören", sagte sie am Montag. Daher werde sich Österreichs Regierung auch für die Abhaltung eines EU-Konvents einsetzen.

Wo die Grünen ganz sicher nicht zustimmen werden, ist der Fiskalpakt, der eine europäische Schuldenbremse vorsieht. Aus Sicht Glawischnigs bräuchte es dafür eine Zweidrittelmehrheit. Die Grünen wollen den Fiskalpakt auch beim Verfassungsgerichtshof bekämpfen.