Das Potenzial sei zwar vorhanden, die Realität aber noch nicht zufriedenstellend - was die Direktinvestitionen (DI) angehe, habe Österreich im internationalen Vergleich einen großen Aufholbedarf, sagte Peter Zöllner, Direktoriumsmitglied der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), gestern bei der Präsentation des "World Investment Reports" der Unctad, der UN-Handels- und Entwicklungsorganisation, in Wien.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Derzeit betragen die Bestände der DI weltweit 12% der Welt-Wirtschaftsleistung. Für Österreich liegt der Wert jedoch trotz EU-Beitritt und Ostöffnung erst bei 19% passiv (Geldströme aus dem Ausland nach Österreich) und 14% aktiv (Geldströme aus Österreich ins Ausland).
Gemessen am Direktinvestitionspotenzial, das angibt, wie attraktiv ein Land für DI ist, hält Österreich den 23. Platz. Beim DI-Performance-Indikator, der die DI-Flüsse in ein bestimmtes Land in Beziehung zu seiner weltwirtschaftlichen Bedeutung gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) setzt, liegt Österreich jedoch nur an 75. Stelle, hinter Ländern wie Aserbeidschan oder Armenien. Zöllner begründete dies mit der klein- und mittelständischen Unternehmensstruktur hierzulande, die ein weltweites Agieren erschwere. Wenn es Österreich aber schaffen würde, an den 30. Rang heranzukommen, würde dies weitere 15 Mrd. Euro an DI bedeuten, erklärte Zöllner. Das berge auch ein großes Arbeitsplatzpotenzial. Aufgrund des Falls des Eisernen Vorhangs und des Rückgangs der verstaatlicheten Industrie sollte dies auch möglich sein, so das OeNB-Direktoriumsmitglied weiter. Österreich müsse diesbezüglich seine Stärken wie gute Ausbildung oder hoch qualifizierte Fachkräfte ausbauen. Auch das Steuersystem sei ein Anknüpfungspunkt.
Untypische Situation
Die ausländischen Direktinvestitionen in Österreich lagen Ende 2000 bei 32,5 Mrd. Euro, die österreichischen Direktinvestitionen im Ausland dagegen nur bei 26,5 Mrd. Euro. Für 2001 geht die OeNB von 39 bzw. 30 Mrd. Euro aus. Diese Situation sei für eine reiche Volkswirtschaft allerdings untypisch und entspreche eher Länder wie Ungarn oder Portugal, die noch im wirtschalftlichen Aufholprozess seien, betonte Zöllner.
Die Konzentration heimischer DI in Mittel- und Osteuropa (MOEL) sieht Zöllner aber durchaus nicht unproblematisch: "Österreich ist nicht gut beraten, sich nur auf dieses eine Standbein zu stellen." Asien würde sich ebenfalls als Hoffnungsmarkt für Außenhandel und Joint Ventures anbieten.
Die weltweiten DI haben im vergangenen Jahr um 51% auf 735 Mrd. US-Dollar abgenommen.
Auch für heuer erwartet die Unctad keinen Anstieg. Zurückgeführt wird diese Tendenz auf die weltweite Rezession sowie eine Verlangsamung der Börsenaktivitäten in den Industrieländern. In Österreich war die Entwicklung allerdings weniger stark ausgeprägt: Die passiven DI sanken um 30%, die aktiven um 45%. Im 1. Halbjahr 2002 zeigten die aktiven DI das bisher stärkste Halbjahresergebnis überhaupt, so Zöllner.