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Österreich hat keine Komponisten

Von Edwin Baumgartner

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Linz bekommt also ein neues Haus für Musiktheater, das "Musiktheater am Volksgarten". Und die erste darin gespielte Oper ist eine veritable Uraufführung nach Peter Handke: "Spuren der Verirrten" geht am 12. April über die Bühne. So weit - so Hut ab.

Hut auf: Welcher Komponist da zu Ehren kommt, muss einmal diskutiert werden. Der Eröffnungsopernkomponist ist der US-Amerikaner Philip Glass: ein letzter Überlebender der Minimal Music; der Gottvater der reinen Wiederholungslehre. Sein Prophet ist der US-amerikanische Dirigent Dennis Russell Davis. Und jener Dennis Russell Davis ist der Chefdirigent des neuen Linzer Opernhauses. Längst hat Davis als musikalischer Leiter der alten Linzer Oper und des Brucknerorchesters die oberösterreichische Hauptstadt in die salzlose Soße Glass’scher Phasenverschiebungen (das ist nichts Physikalisches, sondern das Prinzip des minimalistischen Akkordabstotterns) getaucht. Es wäre ein Wunder gewesen, hätte er den Auftrag für die Eröffnungsoper an jemand anderen vergeben.

Nun ist zwar bekannt, dass es im McDonald’s-Land Österreich weniger akzeptable Komponisten gibt als in der Musik-Hochburg USA, aber mit der Zeit fällt die Gleichung Linz = Davis = Glass unangenehm auf. Wenn schon, von wegen Internationalität, ein ausländischer Komponist die Eröffnungsoper schreiben soll: Gibt’s keinen Franzosen, keinen Briten, keinen Deutschen, keinen (fähigen) Amerikaner? Baut sich Linz ein neues Opernhaus, um die begähnenswerte alte Glass-Mono(tonie)kultur weiterzuführen? Linz als Bayreuth des Minimalismus - das nenne ich Provinz.