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Österreich im Fokus der EU-Ermittlungen

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Befürworter und Gegner der Handy-Steuer fühlen sich bestärkt | Kommission will noch 2005 klagen | Brüssel/Luxemburg/Wien. Zuerst jubelten die Befürworter der in Niederösterreich geplanten Handymasten-Steuer: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg erklärte am Donnerstag die Kommunalabgaben auf Mobilfunkantennen in zwei belgischen Gemeinden grundsätzlich für vereinbar mit dem EU-Recht. Aber auch die Gegner fanden Gründe zum Jubeln.


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Die im EG-Vertrag verlangte Dienstleistungsfreiheit werde nicht eingeschränkt, weil die Steuern keine grenzüberschreitende Wirkung haben und gleichermaßen für in- und ausländische Netzbetreiber gelten. Und gegen das Telekomrecht der Union verstoße die Regelung nur dann, wenn sie den Wettbewerb zwischen etablierten und neuen Netzbetreibern verzerre.

"Schlüssel der Bedenken"

Genau da hakt aber die EU-Kommission ein. Die potenzielle Verzerrung des Wettbewerbs sei der "Schlüssel der Bedenken", sagte Martin Selmayr, der Sprecher der für Telekommunikation zuständigen Kommissarin Viviane Reding. Deren Klagsdrohung vom Mittwoch gegen Niederösterreich bleibe aufrecht. Reding kündigte eine "juristische Prüfung der Handy-masten-Steuer in den nächsten Tagen" an. Durch das Urteil gebe es "jetzt Rechtsklarheit": "Eine Steuer, die den Wettbewerb verzerrt, verstößt gegen EU-Recht." So beauftragte der EuGH die belgischen Gerichte mit der nachträglichen Prüfung des Einflusses auf den Wettbewerb der - dort bereits vor fünf Jahren wieder aufgehobenen - Antennensteuer. Dabei sei "insbesondere der Zeitpunkt in Betracht zu ziehen, ab dem die betroffenen Betreiber jeweils auf dem Markt tätig sind", heißt es in dem Urteil. Eingesessene Betreiber, die ihre Masten bereits abgeschrieben haben und die anfallenden Steuern auf wesentlich mehr Kunden aufteilen können, seien so eventuell in der Lage, ihre Leistung billiger anzubieten, präzisiert Selmayr. Besonders dass landeseigene Netzbetreiber in Niederösterreich von der Steuer ausgenommen wären, mache "eine Wettbewerbsverzerrung sehr viel nahe liegender".

Gorbach will weiter gegen Steuer vorgehen

Diese Auslegung ist Wasser auf die Mühlen der Steuergegner. Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach und die Mobilfunkbetreiber kündigten umgehend an, weiter rechtlich gegen die Handymastensteuer vorgehen zu wollen. Gorbach hatte bei seinem Treffen mit Reding am Mittwoch gar eine einstweilige Verfügung aus Brüssel angeregt, um die Gebühren für Mobilfunkantennen in Niederösterreich zu stoppen. Die sei laut Selmayr jedoch ein "juristischer Ausnahmefall" und "äußerst selten". Sollte die Prüfung der Kommission eine Wettbewerbsverzerrung ergeben, werde man jedoch ein "beschleunigtes Verfahren" anstreben. Bei entsprechender Kooperation der österreichischen Regierung sei eine Klage beim EuGH noch dieses Jahr möglich. Darüber hinaus seien "umweltpolitische Aspekte und ähnliches im Rahmen einer Steuererhebung im Telekombereich irrelevant".

Niederösterreichs ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberger sieht das anders. Das EuGH-Urteil bestätige den niederösterreichischen Weg. Demnach sollen die Netzbetreiber zum Bündeln gezwungen werden, um Landschaft, Ortsbild und vor allem die Gesundheit der Bürger zu schützen. Der Richterspruch sei ein "großer Erfolg für Niederösterreich". Auch die SP-NÖ sprach von einer "für Niederösterreich positiven Entscheidung". SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer hält die geplante Handymastenabgabe hingegen für "nicht die intelligenteste aller Steuern". Die niederösterreichischen Grünen befürchten einen jahrelangen Rechtsstreit. Ähnliche Erwägungen dürften Tirol und Vorarlberg dazu veranlasst haben, Planungen für eigene Handymasten-Steuern vorerst auf Eis zu legen.

Mobilfunker wollen noch im September Klage einbringenBeide Seiten können jubeln