Währungsfonds-Chefin Christine Lagarde "persönlich" für Abschaffung des Bankgeheimnisses aus.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Paris/Brüssel/Wien. Österreichs Auskunftspolitik in Sachen Bankkonten kommt gehörig unter Druck: Nicht nur die EU drängt, sondern auch die Industriestaatenorganisation OECD hat am Freitagabend angekündigt, dass der automatische Informationsaustausch zum weltweiten Standard werden soll. Das steht im Bericht, den das "Globale Forum über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke" der OECD den Finanzministern der 20 mächtigsten Wirtschaftsnationen (G20) vorlegt.
Bisher galt als OECD-Standard eine Auskunftspflicht nur bei gezieltem Verlangen. Dazu musste der Staat, der die Steuerprüfung vornehmen will, über relativ konkrete Vorab-Infos verfügen. Künftig soll es stattdessen eine "systematische und regelmäßige Übermittlung" von Einkommensdaten ausländischer Steuerzahler an die Herkunftsländer geben. Laut OECD wären davon beispielsweise Dividenden, Zinseinkünfte, andere Einkommen oder Pensionen erfasst. Die Steuerbehörden können dadurch direkt abgleichen, ob Einkünfte aus ausländischen Finanzquellen korrekt gemeldet werden. Dabei geht es nicht um Peanuts, sondern um Milliarden. Bei fünf Ländern sollen die Meldungen sogar 15 Milliarden Euro pro Jahr übersteigen.
Ein Katalysator für den OECD-Schwenk seien die neuen Steuergesetze der USA gewesen, heißt es im Bericht. Diese sehen vor, dass ausländische Banken Kontodetails von US-Bürgern melden müssen ("Foreign Account Tax Compliance Act"). Die fünf größten EU-Staaten (Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien) haben sich der Forderung angeschlossen. Die OECD sieht darin sogar ein Vorbild für künftige Abkommen.
Österreich ist derzeit der letzte der 27 EU-Staaten, der noch gegen den Übergang zum automatischen Austausch von Informationen über Einkünfte von Steuerausländern mauert. Finanzministerin Maria Fekter befürchtet, dadurch würden nur "Datenfriedhöfe" produziert. Am 6. April ist allerdings der letzte Verbündete umgeschwenkt - Luxemburg will den EU-weiten automatischen Datenaustausch ab dem Jahr 2015 übernehmen. Nun sei "Österreich ebenfalls am Überlegen", schreibt die OECD.
"Es geht - wie in Luxemburg - um eine Verbesserung des Austauschs von ausländischen Kontodaten, vor allem vor dem Hintergrund der internationalen Steuerbetrugsbekämpfung", heißt es im Bundeskanzleramt. "Hier sind wir über die Form der Umsetzung verhandlungsbereit." Das Bankgeheimnis für Österreicher sei nicht davon betroffen. Nachsatz: "Das ist akkordierte Regierungslinie."
Machtvolles OECD-Forum
Widerstand gegen den OECD-Vorstoß dürfte eher zwecklos sein: Das "Globale Forum" hat sich als mächtiger Hebel erwiesen. 120 Mitgliedstaaten unterwerfen sich den regelmäßigen Überprüfungen. Von den als relevant erachteten Nationen weigert sich nur der Libanon, Mitglied zu werden. Auf OECD-Druck musste Österreich 2002 die Anonymität aufgeben - seither muss sich jeder Kunde bei Eröffnung eines Bankkontos ausweisen. Und als die OECD 2009 schwarze und graue Listen unkooperativer Steueroasen veröffentlichte, schlossen binnen kürzester Zeit sämtliche betroffenen Länder die geforderte Anzahl von Steuerabkommen ab.
Auch Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) und frühere französische Finanzministerin, macht gegen Österreichs Bankgeheimnis mobil. Sie ist "persönlich" für die Abschaffung des Bankgeheimnisses in der EU, sagte sie im Radiosender France 24: "Ich glaube, die Bewegung, die man speziell in Luxemburg sieht und von der ich hoffe, dass man sie auch in Österreich beobachten wird können, geht in die richtige Richtung."
Die EU-Kommission verstärkt unterdessen ebenfalls ihren Druck im Kampf gegen Steueroasen. Sie kündigte am Freitag die Einsetzung einer Plattform für verantwortungsvolle Steuerpolitik an. Diese Plattform soll aus Experten der EU-Länder in den Bereichen Wirtschaft, Steuern und Zivilgesellschaft bestehen und der Kommission helfen, Maßnahmen im Kampf gegen Steueroasen, aggressive Steuerplanung und Doppelbesteuerung vorzubereiten.
EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta hatte bereits im Dezember 2012 einen Aktionsplan mit mehr als 30 Einzelmaßnahmen präsentiert, um Steuerhinterziehung zu bekämpfen und gegen Steueroasen vorzugehen. Aggressive Steuerplanung, also dass multinationale Konzerne legale Schlupflöcher ausnutzen, um ihre Steuern zu minimieren, ist sowohl für die EU als auch die OECD ein Thema.