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+++ Was steht heute auf der Agenda? Wissen! | | Wien. Wissenspolitik ist ein neues, integratives Handlungsfeld, das in den letzten Jahren in den Mittelpunkt politischen Handelns gerückt ist. Die Lissabon-Strategie der EU beschrieb Wege zur Wissensökonomie, die nationalen Strategien bauen auf die Wissensbranchen Bildung, Forschung und Kommunikation, Städte wetteifern um den Ruf als "Stadt des Wissens". Wissen sichert Selbstkompetenz, Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und Standortattraktivität. Jeder möchte es gerne haben.
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Wenn Wissen allerdings mit Information verwechselt wird droht die Gefahr, dass wir in der Informationsflut untergehen: Orientierungslosigkeit ist die Folge und die Demokratiefähigkeit wird geschwächt. Wissensunterschiede schaffen neue Klassen. Rasche Innovationen erhöhen Risikopotenziale. Die Medaille Wissensgesellschaft hat diese zwei Seiten. Hier setzt die Wissensbilanz an: Wissensbilanzen messen nicht das Wissen eines Landes oder einer Organisation, sondern helfen bei der Standortbestimmung, einer ausgewogenen Strategiebildung und bei der Vereinbarung von Leistungsbeiträgen. Wir wollen ja sowohl Wettbewerbsfähigkeit als auch soziale Ausgewogenheit, Innovationsführerschaft als auch Bürgerschutz, internationale Spitzenunis als auch eine qualitätsvolle Breitenbildung.
Wissensbilanzen machen sichtbar, welche Ziele wir im Umgang mit Wissen setzen - auf der Ebene des Landes, der Organisationen und der Bürger. Sie konkretisieren, welche Leistungen zur Erreichung dieser Ziele erbracht werden sollen, wie zum Beispiel Bildungs-, Innovations- oder Informationsleistungen. Sie verdeutlichen, welche grundlegenden Wertschöpfungspotenziale dazu aufzubauen sind, insbesondere Human-, Struktur- und Beziehungspotenziale.
International beispiellos
Die Austrian Research Centers haben schon 1999 unter Günter Koch die erste Wissensbilanz gelegt und tun das bis heute ohne Unterbrechung. Die Donau-Universität beziehungsweise die Universität für Bodenkultur haben die ersten universitären Wissensbilanzen vorgestellt, die Österreichische Nationalbank ist die weltweit erste Nationalbank mit einer Wissensbilanz, die Österreichische Akademie der Wissenschaften die erste Nationalakademie. Mit dem Universitätsgesetz 2002 ist die Wissensbilanzierung für österreichische Universitäten gesetzlich vorgeschrieben, was international beispiellos ist und entsprechende Beachtung gefunden hat. Einige Pionierunternehmen wie auch Nonprofit Organisationen sind dem Beispiel gefolgt, unter anderen Beispiel Böhler-Uddeholm, die sBausparkasse oder die Salzkammergut-Touristik. Aktuell wird im Rahmen eines Forschungsprojektes an einer Methode für eine nationale Wissensbilanzierung gearbeitet.
Wissenspartnerschaft
Um die Ausgewogenheit der österreichischen Wissenspolitik zu gewährleisten, ist eine neue Partnerschaft erforderlich. Zahlreiche Akteure sind für das Wissen eines Landes verantwortlich, die Politik ebenso wie Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Medien, Schulen und natürlich jeder Einzelne. Die Wissenspartnerschaft braucht aber auch eine Agenda und ein Instrument, um die vielen Ansprüche und Leistungen zu koordinieren und konkrete, verbindliche Vereinbarungen zur Wissenssteigerung zu treffen. Die Wissensbilanz eignet sich dafür hervorragend, weil sie einen strukturierten Dialog ermöglicht und dessen Ergebnis ausreichend konkret kommunizierbar macht. Wenn die Wissenspartner vergleichbar Sozialpartnern beginnen zusammenzuarbeiten und zugunsten gemeinsamer Ziele auch in ihren jeweiligen Egoismen zurückstecken können, werden alle profitieren und Österreich kann sich weltweit als Pionier einer nachhaltigen Wissenspolitik positionieren. Als Freizeit- und Kulturland könnten wir damit zusätzlich zu Olympia-Medaillen auch Wissens-Siege erringen.
Dr. Andreas Brandner ist Geschäftsführer von KMA - Knowledge Management Associates GmbH - in Wien.