Österreich bei Arbeitsmarktzugang und Vermeidung von Armut im oberen OECD-Drittel. | Nachholbedarf im Bildungsbereich groß. | Wien. Um die soziale Gerechtigkeit in Österreich ist es nicht so schlecht bestellt, wie manche Unkenrufe vermuten lassen. Das geht zumindest aus einer aktuellen Studie der deutschen Bertelsmann Stiftung hervor. | Deutschland nur Mittelfeld
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In "Soziale Gerechtigkeit in der OECD" wurden einzelne OECD-Studien zu fünf umfassenden sozialpolitischen Themen - etwa Arbeitsmarkt, Bildung und Generationengerechtigkeit - gleichsam zu einem Meta-Ergebnis zusammengefasst.
Und dabei zeigt sich: Österreich liegt bei der sozialen Gerechtigkeit unter 31 OECD-Staaten auf Platz 9 und damit nicht nur im oberen Drittel, sondern auch noch über dem OECD-Schnitt und deutlich vor dem großen Nachbarn Deutschland (Platz 15).
Ein kleiner Wermutstropfen: Das gute Ergebnis hat vor allem mit der höheren Gewichtung einzelner Indikatoren (siehe "Wissen" unten) zu tun, in denen Österreich gute Werte erzielt: So steht das Land beim besonders stark gewichteten Faktor Armutsvermeidung sehr gut da - nämlich an vierter Stelle hinter Schweden, Dänemark und Norwegen. Hier spielt unter anderem die niedrige Kinderarmut eine Rolle.
Auch bei der Frage nach der Inklusion in den Arbeitsmarkt liegt Österreich mit seiner niedrigen Arbeitslosenquote im oberen Drittel der OECD-Staaten. Weitaus schlechter steht die Alpenrepublik indes im Bereich des Bildungszugangs da: Mit Platz 24 und einem Index-Wert von 5,36 liegt Österreich hier nicht nur weit hinter dem Listenersten Island (9,27), sondern auch hinter Deutschland (5,59) und unter dem OECD-Schnitt (6,2). Nach den desaströsen Pisa-Ergebnissen ist dies zumindest keine Überraschung mehr.
Der Grund für dieses Tief: In Österreich ist immer noch der sozioökonomische Hintergrund der Eltern entscheidend für den Bildungserfolg des Kindes, erklärt der Linzer Arbeitsmarktexperte Rudolf Winter-Ebmer, der an der Studie mitgewirkt hat, gegenüber der "Wiener Zeitung".
Bildung und Integration als Großbaustellen
Dies habe auch die Pisa-Studie deutlich gezeigt. Das Ziel müsse daher sein, auch Kinder aus bildungsfernen Schichten so früh wie möglich - am besten noch vor der Regelschule - zu fördern. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Österreich bei den öffentlichen Ausgaben für frühkindliche Förderung mit 0,4 Prozent des BIP im besseren Mittel und über dem OECD-Schnitt liegt - offenbar kommt das Geld also nicht dort an, wo es sollte.
Neben der Bildung sieht Winter-Ebmer eine weitere Großbaustelle in der Partizipation von Migranten am Arbeitsmarkt und im öffentlichen Leben. Wenn es dem Staat nicht gelinge, in diesen beiden Bereichen eine Verbesserung herbeizuführen, dann sieht der Experte in zehn Jahren die soziale Sicherheit gefährdet.
Schließlich ortet Winter-Ebmer auch bei der Steuergerechtigkeit Handlungsbedarf. Um hier die Chancengleichheit zu erhöhen, hält er zum Beispiel eine Wiedereinführung der Erbschaftssteuer für "in hohem Maße wichtig".
Generell ist sich der Ökonom mit den Studienautoren darin einig, dass das Thema soziale Gerechtigkeit künftig in der Politik eine größere Rolle spielen sollte als bisher.
Wissen
(gf) Die Studie der Bertelsmann-Stiftung mit dem Titel "Soziale Gerechtigkeit in der OECD - Wo steht Deutschland" beruht auf den Daten der OECD, die aber durch qualitative Kriterien ergänzt wurden, die durch insgesamt 70 Länder-Experten eingeschätzt wurden.
Weil den drei ersten Gerechtigkeitsdimensionen laut der Annahme besonderer Wert zukommt, wurden diese besonders gewichtet. So wiegt etwa die Armutsvermeidung dreimal so schwer wie Generationengerechtigkeit, Zugang zur Bildung und Teilhabe am Arbeitsmarkt doppelt so schwer. Auf einer ungewichteten Skala der "Sustainable Governance Indicators" würde Österreich nur auf Rang 13 liegen, knapp vor Deutschland und Tschechien, aber immer noch über dem OECD-Schnitt. Die USA lägen auf Platz 20.
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